Der Drang zum Basteln ist tief in den Genen des Menschen verankert, ebenso wie der Zwang zum Jagen, Sammeln und gegenseitigem Massakrieren. Die glorreiche Ära des Heimwerkens begann vor etwa 320 000 Jahren. Damals legten die Frühmenschen den Faustkeil weg, das Schweizer Taschenmesser der Steinzeit, und ersetzten ihn durch eine Palette von Spezialwerkzeugen. Ein Evolutionssprung! Seitdem haben Menschen allerhand erstaunliche Dinge erschaffen – die Pyramiden von Gizeh, den Taj Mahal, die Golden Gate Bridge, den Porsche 911 und viele Vogelhäuschen unterschiedlicher Qualität.
Nicht jeder ist handwerklich hochbegabt. Nichtsdestotrotz fuchteln auch Grobmotoriker mit Stichsägen, Winkelschleifern und Heißklebepistolen herum. Vor allem Männer glauben, sich mit dem Zusammendengeln von Zäunen, Regalen und Zierbrunnen ein Denkmal setzen zu müssen. Vom früheren Bundeskanzler ist zwar bekannt, dass er als junger Mann in einem Porzellanladen und einer Eisenwarenhandlung arbeitete, als Handwerker hat er sich aber keinen Namen gemacht. Lieber versuchte er, an den ganz großen Schrauben zu drehen. Er tackerte Haushaltspakete, „Ich-AGs“ und Hartz-IV-Maßnahmen zusammen und erntete für seine gesellschaftspolitischen Montagearbeiten nicht nur Applaus.
Auch im Ruhestand will Schröder offensichtlich ein Schrauber bleiben, wenn auch im kleineren Maßstab. Auf dem Instagram-Kanal seiner derzeitigen Frau So-yeon Schröder-Kim ist ein Video mit dem Titel „Mein Mann beim Heimwerken, ein Abenteuer mit Schrauben und Mut“ zu sehen. Der Clip zeigt den Altbundeskanzler beim Zusammenbauen eines Regals aus schwarz lackierten Sperrholzplatten. Hoch konzentriert werkelt der 80-Jährige an dem Mini-Möbelstück herum, das kleiner ist als der bereitstehende Werkzeugkasten. „Das ist ja ganz schwierig. (...) Komplexes Zeug, ne“, kommentiert Schröder grummelnd. „Hilf mir doch mal!“, fordert er seine Frau auf, aber die filmt lieber fröhlich weiter.
Nach etlichen Versuchen und dank ein paar Tipps von So-yeon gelingt es Schröder dann doch noch, das Regal aufzubauen, wenn auch etwas windschief. „Die Arbeit eines fortgeschrittenen Lehrlings, mehr aber auch nicht“, sagt er nicht ganz ohne Stolz. Es gebe zwar noch ein paar „nicht geschlossene Dinger“, aber das sei im Möbelstück designmäßig wohl so angelegt. Man würde an dieser Stelle gerne nachbohren: Soll das Heimwerker-Video zeigen, dass Schröder immer noch ein Macher ist? Ist es Zeit, dass sich etwas dreht? Sind im Hause Schröder-Kim einige Schrauben locker?
Der Ex-Kanzler lässt sich da wohl kaum auf ehrliche Antworten festnageln. Aber trotzdem kann sein Hobbythek-Publikum ein Fazit ziehen. Von Gerhard Schröder wusste man trotz seiner Zugehörigkeit zur ehemaligen Arbeiterpartei SPD lange nicht, ob er eher rechts oder links einzuordnen ist. Jetzt ist wenigstens klar: ganz egal, wo er politisch steht, er hat zwei linke Hände.