Haftbedingungen:Patienten letzter Klasse

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Er fordert mehr Rechte für Gefangene, die im Strafvollzug einen Arzt brauchen: Ex-Häftling André Schmitz in Berlin. (Foto: Regina Schmeken)

Wer in deutschen Vollzugsanstalten krank wird, ist auf Gefängnismediziner angewiesen - und muss mitunter jahrelang auf einen OP-Termin warten. Was bedeutet es, wenn Menschen ihren Arzt nicht frei wählen dürfen?

Von Kristiana Ludwig

Dreiundfünfzig Minuten sind vergangen, und niemand ist gekommen. Niemand aus dem Regelvollzug, keiner aus der Sicherungsverwahrung, nicht mal ein Untersuchungshäftling. André Schmitz steht um 14:53 Uhr allein auf dem begrünten Randstreifen einer vierspurigen Straße in Berlin-Neukölln, mit hängenden Schultern und einer dunklen Sonnenbrille. Sein Sohn klettert über die Stufen einer Steinskulptur. Es ist ein Mahnmal für Opfer ungeklärter Mordfälle und damit eigentlich die perfekte Kulisse für einen Protest, so wie Schmitz ihn geplant hatte. Doch anstelle einer Versammlung von Häftlingen sind lediglich zwei Polizisten hier, die in ihrem Bulli sitzen und schmunzeln. "Letztes Jahr waren es nur drei", sagt der untersetzte Beamte mit dem grauen Haar. Schmitz legt die Friedhofskerzen zurück in seine Sporttasche. "Ich bin enttäuscht", sagt er. Eine Kerze lässt er stehen: "Das ist ja nicht verboten."

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