Gaultier verlässt Hermès:Trennung im verflixten siebten Jahr

Jean-Paul Gaultier und sein Vorgänger Martin Margiela befreiten Hermès von seinem verstaubten Image. Nun verlässt Gaultier das französische Traditionsunternehmen.

Franziska Seng

Es war ein schönes Hochzeitsbild: Als das französische Traditionshaus 1999 bei dem Unternehmen des Enfant terrible der Modeszene, dem französischen Designer Jean-Paul Gaultier einstieg, hatten sich beide hübsch zurechtgemacht: Hermès-Chef Jean-Louis Dumas trug einen weißblaugestreifen Marinepullover, Gaultiers Markenzeichen. Gaultier wiederum trug eine Krawatte von Hermès.

"Ich glaube, dass Gaultier das Zeug hat, einmal zu werden, was Hermès heute ist", versicherte damals Dumas. Zunächst sicherte sich Hermès einen Anteil von 35 Prozent an Gaultiers Unternehmen, 2008 stockte man auf 45 Prozent auf. Außerdem versuchte Hermès, wie andere Unternehmen, von der Popularität und Kreativität eines berühmten Modedesigners zu profitieren. So wie das Label Chanel einst Modezar Karl Lagerfeld, Dior den Briten John Galliano und Louis Vuitton den US-Amerikaner Marc Jacobs für ihre Kollektionen gewinnen konnten, holte sich Hermès 2004 den exzentrischen Gaultier auch künstlerisch mit ins Boot.

Gaultier schuf fortan die Damenlinie des Luxuslabels Hermès, das vor allem für seine Tücher, Taschen und Reitsportartikel bekannt ist. Diese schöpferische Ehe ist nun im verflixten siebten Jahr in die Brüche gegangen. Die Kollektion für Frühling und Sommer 2011 wird Gaultiers letzte Kollektion für Hermès sein.

Hermès ließ verlauten, es habe sich in den letzten Jahren um eine "fruchtbare Zusammenarbeit" gehandelt und würde Gaultier, der sich verstärkt eigenen Projekten widmen wolle, für den "bemerkenswerten kreativen Beitrag" danken. Womöglich wurden Hermès die außergewöhlichen Schöpfungen Gaultiers zu bunt und man suchte nach etwas Bodenständigerem. Von Herbst an soll Gaultier durch den Designer Christophe Lemaire ersetzt werden, der bisher Kreativchef bei dem Sportmodenhersteller Lacoste war.

Stilistisch bedeutet dieser Wechsel eine Hinwendung zu kommerzielleren Designs und Kreationen. Hatten die Prêt-à-porter-Kollektionen von Hermès durch Gaultier, aber auch die seines Vorgängers im Haus, dem avantgardistischen Modeschöfper Martin Margiela, in der Fachpresse für Aufsehen und Entzücken gesorgt, blieben in den Hermès-Läden die Kassen leer. Von dem Lacoste-Designer kann ein sportlicherer, straßentauglicherer Ansatz für die neuen Hermès-Kollektionen erwartet werden.

Die geschäftlichen Verbindungen sollen zunächst weiterhin bestehen, Hermès bleibt vorläufig Teilhaber von Gaultiers Unternehmen. Was nach sieben Jahren künstlerischer Zusammenarbeit bleibt, ist also immerhin eine unternehmerische Zweckehe.

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