Sonntagabend-Blues:Stehen Sie jetzt bitte von der Couch auf!

Sonntagabend-Blues: An manchen Sonntagen fühlt es sich an, als drücke einen die Angst vor der Arbeitswoche zurück aufs Sofa. Und man kriegt den Blues.

An manchen Sonntagen fühlt es sich an, als drücke einen die Angst vor der Arbeitswoche zurück aufs Sofa. Und man kriegt den Blues.

(Foto: Roberto Nickson/Unsplash)
  • Am Sonntagabend beschleicht einen oft ein mulmiges Gefühl, eine innere Unruhe, leichte Nervosität. Der Sonntagabend-Blues.
  • An allen anderen Abenden scheint man sich lieber zu verabreden. Warum eigentlich?
  • Es ist Zeit, sich den Sonntagabend für Ausgehen und Treffen zurückzuholen. Ein Plädoyer.

Von Carolin Gasteiger

Los geht es etwa gegen 17 Uhr. Langsam, ganz sachte, aber doch spürbar, macht sich innere Unruhe breit. Leichte Nervosität. Es ist einer dieser Sonntage, alle Frühstücksverabredungen, Jogging-Läufe und Café-Treffen sind vorbei, langsam wird es dunkel. Aber man hätte noch Zeit. Zu wenig, um aufs Land, an den See oder in eine andere Stadt zu fahren. Aber zu viel, um sie einfach zu übersehen. Übrig bleibt die Couch - und dieses ungute Gefühl. Der Sonntagabend-Blues.

Könnten Wochentage Marathon laufen, wäre der Samstag der Sprintkünstler. An diesem Tag ist alles möglich: Brunch, Einkaufen, Museumsbesuch, Essen gehen, was trinken, vielleicht noch in einen Club. Aber dem Hintermann geht die Luft aus. An keinem anderen Abend der Woche ist man so auf sich allein gestellt wie am Sonntag. Verabredungen am Sonntagabend scheinen ein gesellschaftliches Tabu zu sein. Sonntagabend auf ein Bier? Wer fragt das schon? An jedem anderen Wochentag hört sich die Frage angebrachter an. Museen schließen sonntags früher, essen gehen will auch kaum jemand. Warum will ausgerechnet an diesem Abend niemand etwas unternehmen?

In der Kindheit hieß es am Sonntagabend: Ab in die Wanne. Badezeit. Allen Schmutz des Wochenendes abwaschen und zeitig ins Bett, um fit für Kindergarten oder Schule zu sein. Immer noch ist dieses Narrativ des Vorbereitens für die neue Woche im Kopf. Aber als Kind musste man sonntags um acht Uhr ins Bett, als Erwachsener kommt man da vielleicht gerade nach Hause. Und hat trotzdem noch einen ganzen Abend vor sich. Ohne was zu tun - außer vielleicht Tatort zu schauen.

Manche finden genau darin Entspannung, an wenigstens einem Abend der Woche nichts zu tun. Als letzte Bastion des Müßiggangs. Aber was, wenn dieses Bedürfnis nach Nichtstun fehlt? Wenn man noch Energie vom Wochenende übrig hat? Dann bekommt der Sonntagabend einen faden Beigeschmack.

Als drücke einen die Wucht der bevorstehenden Arbeitswoche zurück in die Sofakissen. Als müsse man alle Energie aufsparen für den Montag, um wenigstens an diesem alles richtig zu machen. Um wenigstens da ausgeschlafen und regeneriert zu sein. Bierchen geht dann gleich wieder am Montagabend, wenn der Wochenstart überstanden ist. Abstrus, dass uns der Sonntagabend-Blues das Wochenende verkürzt. In Städten mit immer mehr Single-Haushalten wird der Sonntagabend zum Ort der gefühlten sozialen Isolation.

Vor allem jetzt, wo die Tage wieder kürzer werden, wird es Zeit, den Sonntagabend mit Leben zu füllen. Es wird Zeit, dieses Mahnmal der Langeweile einzureißen. Warum die freie Zeit nicht bis zur letzten Minute auskosten, um genau dadurch Kraft für die Woche zu schöpfen? Ausgehen, wegfahren, Freunde treffen!

Immerhin gibt es doch keinen besseren Zeitpunkt als den Sonntagabend, um Freunde zum Essen einzuladen. Niemals sonst sind die so entspannt wie zum Ausklang eines Wochenendes. Und wann fände man leichter einen Platz an der Theke, wenn nicht am Sonntagabend? Je mehr man den Sonntagabend als möglichen Termin für Verabredungen etabliert, desto länger wird schließlich das Wochenende. Und das sollte man ja eigentlich genießen.

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