Süddeutsche Zeitung

Frédéric von Anhalt:Mit adeligen Adoptionen zu Millionen

Der Witwer von Zsa Zsa Gabor ließ sich adoptieren, um an seinen Titel zu kommen. Mittlerweile hat er selbst etliche Prinzen und Prinzessinnen angenommen - und so viel Geld verdient.

Von Claudia Fromme

Als Frédéric von Anhalt berühmt werden wollte, holte er sich im Kostümverleih eine Uniform mit Orden und fuhr mit einer Kutsche und vier Lakaien zum Filmball im Bayerischen Hof. Als er vor dem Hotel hielt, bildeten die Portiers ein Spalier, um die Menge zurückzuhalten, Fotografen blitzten, ein ZDF-Team filmte im Rückwärtsgalopp den Einmarsch. Als die Kameralichter ausgingen, entschwand er in die Nacht. Die Bilder waren im Kasten, mehr wollte er nicht.

Das ist das Prinzip Frédéric von Anhalt, perfektioniert seit jenem Auftritt 1985. Das Ereignis ist nicht so wichtig, die mediale Verwurstung sehr. Darin unterscheidet er sich nicht von den Kardashians, nur dass er sehr viel länger im Geschäft ist als sie.

An einem Dezembertag sehr viele Jahre später ist er wieder in dem Hotel in München, nun als Gast, er trinkt im Salon Kamillentee mit Honig. Nach langen Jahren in den USA möchte er sich auch in Deutschland wieder ins Gespräch bringen. Der 76-Jährige trägt einen roten Janker mit einem Einstecktuch von Hermès, Jeans und Turnschuhe von Gucci. Er ist tags zuvor First Class von Los Angeles geflogen ("16.000 Dollar, aber man ist topfit, wenn man landet"), da wohnt er seit Mitte der Achtziger. Fast 33 Jahre lang war er mit Zsa Zsa Gabor verheiratet, er hatte sie auf einer Party des Drehbuchautors Sidney Sheldon kennengelernt, die er ähnlich kaperte wie den Bayerischen Hof. 2016 starb Gabor mit 99 Jahren, seit 2002 war sie ein Pflegefall. Die Schauspielerin ("Moulin Rouge") war bekannt dafür, sich auf dem roten Teppich im Blitzlicht zu sonnen, um dann durch den Hintereingang in ihren Rolls-Royce zu steigen, der sie in ihre Villa in Bel Air brachte.

Zumindest in der Beziehung hatten Gabor und ihr neunter Ehemann viel gemein. Ansonsten, behaupten manche, sei es eine Scheinehe gewesen, und am stärksten hatte Frédéric von Anhalt die Gerüchte befeuert. Mehr als einmal sagte er in eine Fernsehkamera: "Ich war nicht verliebt in meine Frau. Sie hat mich nicht geliebt. Es war ein Geschäft. Ich weiß, sie hat mich ausgenutzt und ich sie." Und? Der Witwer gibt sich empört, ihm werde oft etwas in den Mund gelegt. "Pflegt man eine Frau 15 Jahre lang, wenn man sie nicht liebt?", fragt er.

Natürlich sei sie sein "Türöffner in Hollywood" gewesen, ohne sie wäre er nie ins Weiße Haus gekommen, hätte nie Liz Taylor getroffen, Elon Musk kennengelernt, der um die Ecke in Bel Air wohnte, würde er nicht Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone im Caffe Roma in Beverly Hills zum Lunch treffen. Stimmt das alles? Anhalt zückt sein Handy, zeigt Fotos. Mit Schwarzenegger. Mit Musk. Mit Kylie Jenner von den Kardashians. Und er zeigt ein Foto von einem Artikel aus dem Beverly Hills Courier vom 1. Juni 1989. Da steht in riesigen Lettern, dass er, Zsa Zsas Mann, ausgeraubt und verletzt wurde. 300 Dollar erbeuteten die Diebe. "Egal", lacht Frédéric von Anhalt und sagt feierlich: "Meine erste Titelstory in den USA."

Klar hat er einen direkten Draht zu Donald Trump. Zum Beweis zückt er gleich sein Telefon

Es ist viel Schein in der Welt des Frédéric von Anhalt. Geboren wurde er als Hans-Robert Lichtenberg im Weindorf Wallhausen bei Bad Kreuznach, der Vater war Kriminalrat, die Mutter Hausfrau. Er lernte Bäcker und betrieb Saunaklubs im Ruhrgebiet, was ihm zu einigem Wohlstand verhalf. Mit 4,5 Millionen Mark sei er nach München gezogen, der Stadt, von der er annahm, mit Geld alles ausrichten zu können, was nicht klappte. Dann stellte ihm der Titelhändler Hans-Hermann Weyer die 81-jährige Marie Auguste Prinzessin von Anhalt vor, die Schwiegertochter des letzten Kaisers, die in einer Sozialwohnung in Essen lebte. Sie adoptierte Lichtenberg 1980, der sich mit einer Rente von 2000 Mark im Monat bedankte. Die vereinbarten 200 000 Mark an Konsul Weyer zahlte er nie. Das Geld konnte er besser in Los Angeles gebrauchen, wo er hernach als "The Prince" firmierte. "Die Amerikaner lieben Bluff", sagt er.

Das Haus Anhalt-Askanien hat sich seit Frédérics Prinzwerdung auf wundersame Weise vergrößert, Chef Eduard von Anhalt sieht es mit kaltem Grausen, er sagte einmal, Frédéric verkaufe das Haus "wie eine Wurstmarke". Der Getadelte verklagte ihn erfolglos und machte durch Heirat Frauen zu Prinzessinnen, auch eine Diamantenminenbesitzerin. Später adoptierte er sechs Männer, darunter Bordellbetreiber und Fitnessklubbesitzer. Dem Hollywood Reporter sagte er, dass ihm die Adoptionen zehn Millionen Dollar eingebracht haben. "Mindestens", schiebt er in München nach.

"Aber es war mein größter Fehler", sagt er, die Söhne hätten es ihm nicht gedankt. Dann kündigt er eine Reality-Show an, für die er vier einwandfrei beleumundete Männer adoptieren wolle, die im TV ihre Traumfrau suchen. Er produziere gerade die Trailer und verhandle mit deutschen Sendern. Einer habe ihm auch ein Klatsch-und-Tratsch-Format angeboten. Ein Vertrag sei in Vorbereitung. Kann man mit dem Sender reden? "Nein", sagt er, "zu geheim".

Der Prinz ist auf Dauersendung. Fragt man nach Kontakten, zeigt er die angebliche Mobilnummer von Donald Trump auf seinem Handy. Er sagt, dass er sich freue, 2021 dessen zweite Inauguration zu feiern. Anhalt selbst wollte 2010 Gouverneur von Kalifornien werden, was im Sande verlief, aber er sei so noch bekannter geworden.

Und er weiß, was von ihm erwartet wird. Dem Berliner Boulevardblatt B.Z. sagte er, dass er in der Hauptstadt eine Wohnung suche. Dem Kölner Express erklärte er, dass er etwas in Deutz gefunden habe. Im Münchner Merkur bekundete er, dass er in Bogenhausen eine Bleibe suche und einen Imbiss am Marienplatz eröffnen will. Man muss ihm nicht damit kommen, dass er das alles nur sagt, um sich im Gespräch zu halten. Frédéric von Anhalt nippt am Tee, blickt einen mitfühlend an und fragt: "Ja, warum denn sonst?"

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Quelle:
SZ vom 14.12.2019/jael
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