Süddeutsche Zeitung

Frauen in der Wissenschaft:Elise fucking loves Science

4,2 Millionen Fans und täglich werden es mehr: "I fucking love Science" ist die erfolgreichste Wissenschaftsseite bei Facebook. Doch als der Betreiber einen Twitteraccount eröffnet, ist der Schock bei den Lesern groß: Hinter der Seite steht eine Frau.

Von Lena Jakat

Menschen, die Physikerwitze und Scherz-Diagramme mit Titeln wie "Polymer-Porno" auf Facebook posten, sind weiß (sehr weiß, vom Tageslichtentzug im Labor), langhaarig, ungewaschen und männlich. Hübsche Mädchen dagegen studieren Kunstgeschichte, interessieren sich nicht für Pornos (schon gar nicht für Polymer-Porno) und benutzen nie das böse F-Wort. Soweit, so voll die Schubladen.

Für solche Menschen, könnte man meinen, wurde die Facebook-Seite "I fucking love science" ("IFLS") erfunden. Eine Seite, auf der sich Faszinierendes, Schönes und Skurriles aus der Welt der Naturwissenschaften findet und die enormen Erfolg hat: Mit mehr als vier Millionen Fans ist "IFLS" die erfolgreichste Wissenschaftsseite in dem sozialen Netzwerk.

Anfang März eröffnete der Betreiber ein Konto bei Twitter - ohne zu ahnen, welche Reaktionen das auslösen würde. Zwei Wochen wurde dort ganz unbehelligt gezwitschert . Dann wies ein Post auf der "IFLS"-Seite auf den Twitter-Feed hin. Bei den Abonennten war der Schock groß: Hinter der Seite steht - eine Frau! Elise Andrews ist eine hübsche, kurzhaarige junge Frau aus Großbritannien, die in Kanada lebt und Biologie studiert hat.

In der Kommentarleiste des Facebook-Posts, die inzwischen mehr als 1300 Einträge zählt, brach sich männliches Erstaunen vermischt mit Balzgehabe bahn. In Worten wie aus einem Aufklärungsbuch über Geschlechterklischees: "Ich hatte keine Ahnung, dass du weiblich bist ... verdammt, das ist heiß hahaha", steht da. "Die heilige Scheiße daran ist, dass du verdammt süß bist", "Woah" und andere Subtilitäten.

Ein Schock, den sich all die Wissenschaftsfans hätten ersparen können: Andrew hatte schon zuvor in Interviews über "IFLS" gesprochen - mit Vornamen. Und Foto. Doch Andrew wäre keine Wissenschaftlerin, würde sie Hypothesen wie die ihrer Leser unangefochten stehen lassen. Auf Twitter reagierte sie auf die mehr oder weniger ausgeprägten Sexisten unter ihren Abonnenten - und schickte gleich noch eine Forschungsfrage hinterher:

Die beste Antwort auf diese Frage gibt Dean Burnett, Wissenschaftsblogger beim britischen Guardian in seinem wunderbar ironischen Post:

"Science blogs written by women? What next, blogs written by educated sparrows? Super-intelligent wombats? Surprisingly articulate Tupperware? There's politically correct, and there's just silly. You'll be saying women can be funny, next."

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