Süddeutsche Zeitung

Frage der Woche:Killt die Mikrowelle Keime?

Ein schnelles Hähnchencurry aus der Mikrowelle für den lauen Sommerabend. Wie sicher ist das?

Für Dutzende Gäste eines Sommerpicknicks endete der Tag äußerst unangenehm. Sie hatten aufgewärmtes Hühnchen verspeist und sich eine Salmonelleninfektion zugezogen. Wissenschaflter untersuchten 30 der Gäste und fanden: Alle, die Geflügel gegessen hatten, das in der Mikrowelle erhitzt wurde, waren erkrankt - zehn an der Zahl. 20 Menschen, die Hühnchen aus einem herkömmlichen Ofen verzehrt hatten, blieben verschont, wie das American Journal of Epidemiology berichtete. Was war passiert?

Vermutlich hatten die Gastgeber die Fähigkeiten ihres Mikrowellengerätes schlicht überschätzt. Entgegen herkömmlicher Küchenweisheit erhitzt die Mikrowelle Speisen von außen nach innen, und nicht umgekehrt. In der Mitte des Essens können Stellen kalt und damit Nährboden für Salmonellen bleiben. Denn bis zu einer Temperatur von 47 Grad gedeihen die Bakterien, sicher abgetötet werden sie frühestens ab 70 Grad.

Derartige kühle Überbleibsel können genauso beim Erwärmen im Backofen, in der Pfanne oder in der Kasserolle auftreten, doch gehört für den Koch am Herd das Rühren, Anschneiden, Abschmecken meist zur Routine, während viele Mikrowellen-Benutzer das Gericht als fertig erachten, sobald das Gerät seine Klingel ertönen lässt. Auf die kalten Stellen in der Mitte stoßen sie oder ihre Gäste erst dann, wenn das Essen bereits halb verzehrt ist - und die potentiell infektiösen Bissen im Mund stecken.

Mikrowelle braucht oft länger als Backofen

Und noch ein Problem hat die Mikrowelle, das nicht jedem Benutzer bewusst ist. Das Gerät ist im Single-Haushalt sicher zeitsparend. Wer größere oder mehrere Portionen erwärmt, muss jedoch viel Zeit einplanen - weit mehr als beim Aufwärmen eines einzelnen Essens und in vielen Fällen auch mehr als beim Erhitzen im Backofen.

Denn die Mikrowelle sendet eine konstante Menge an Strahlung aus, die gezielt von den Wassermolekühlen der Speisen aufgenommen wird. Die Wärmeaussendung ist vergleichbar mit einem Wasserhahn: Wer drei Portionen darunter stellt, muss warten bis jedes Einzelne mit Wärme abgefüllt wurde. Der heiße Backofen funktioniert dagegen wie ein Wasserbad. Alle Portionen werden auf einmal in die Wärme getaucht und saugen sich gleichzeitig voll - was weniger Zeit braucht.

Wer also tatsächlich seinen Gästen ein in der Mikrowelle zubereitetes Gericht servieren will, das Geflügel, Schweinefleisch oder Eier enthält, sollte viel Zeit dafür einrechnen und nicht vergessen, dass es neben der Mikrowelle weitere Küchenutensilien gibt: Rührlöffel und Thermometer zum Beispiel.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.765245
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.