Feuerwerk:Funkenweise Glück

Eigentlich sind Raketen nur in der Silvesternacht erlaubt. Manche aber dürfen es das ganze Jahr über krachen lassen. Ein Gespräch mit einer Pyrotechnikerin.

Von Anna-Maria Deutschmann

SZ: Frau Unverzagt, Sie zünden seit 30 Jahren Feuerwerke. Manchmal von Schiffen aus oder in großen Sportstadien, manchmal ganz kleine. Was ist für Sie ein gelungenes Feuerwerk?

Friederike Unverzagt: Mich macht das Staunen glücklich. Die vielen "Ooooohs" und "Aaaaaahs", und wenn die Zuschauer schon vor dem Finale klatschen. Dann kommt es zu einem richtigen Wow-Gefühl. Manche haben sogar Tränen in den Augen, weil sie so verzaubert sind.

Kann jeder einfach Feuerwerkskünstler werden?

Man muss mindestens 21 Jahre alt sein. Am Anfang begleitet man einen erfahrenen Kollegen. Wer bei insgesamt 26 Feuerwerken dabei war, darf einen Lehrgang machen und danach die Prüfung ablegen.

Wie haben Sie die Pyrotechnik für sich entdeckt?

Ich habe früher im Theater gearbeitet und gemerkt, wie sehr mich die Piff-Paff-Puff-Momente von Special Effects faszinieren. Die braucht man im Theater oft, vor allem dann, wenn Zaubersprüche oder andere Illusionen mit einem Effekt untermalt werden sollen. Das erste kleine Feuerwerk, das ich selbst zusammengebaut und gezündet habe, war eine weiße Konfettibombe bei "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer". Die Lokomotive sollte in der Szene statt Dampf Schnee ausstoßen, weil es so eisig kalt war. Das war ein wahnsinnig magischer Moment.

Trotzdem waren Ihre Eltern erst mal nicht so begeistert.

Allerdings. Sie hatten Angst, dass mir irgendwann alles um die Ohren fliegt. Wir arbeiten ja mit hochgefährlichen Materialien. Nur ein einzelner Funke kann ausreichen, um einen ganzen Lagercontainer in die Luft zu jagen. Man darf nie den Respekt verlieren. Ich selbst habe bis heute Angst vor unkontrolliertem Feuer.

Wie können Sie dann überhaupt ein Feuerwerk zünden?

Das ist ja nicht mehr so wie in den Piratenfilmen von früher mit einer Lunte, die brennend zu einem Schwarzpulverfass führt. Heute werden große Feuerwerke elektrisch gezündet. Das funktioniert ungefähr so wie das Anschalten der Weihnachtsbeleuchtung im Garten. Mit einem Stecker macht man den Tannenbaum an, mit dem nächsten das Reh daneben und mit dem dritten den Schlitten.

Haben Sie oft ein schlechtes Gewissen, weil Sie mit Ihrer Arbeit die Umwelt verschmutzen?

Feuerwerke sind alles ander als sauber. Das stimmt. Der Feinstaub der Raketen macht richtig dicke Luft. Andererseits: Autos und Schiffe belasten die Umwelt Tag für Tag, Feuerwerke aber zündet man ja nur zu ganz besonderen Anlässen.

Welchen Effekt würden Sie gerne erfinden?

Ich träume davon, ganze Schriftzüge in den Himmel zu schießen. Leider ist das ziemlich kompliziert. Mit Smileys, Sternen und Herzen klappt das schon ganz gut. Aber man weiß nie, ob die kleinen Leuchtsterne richtig auseinanderplatzen oder die Feuerwerksbomben sich vorher im Flug verdrehen.

Was ist ein ungefährliches Feuerwerk für zu Hause?

Lykopodium, das "Feuerspuckpulver", ist ein pflanzliches Pulver. Es ist harmlos und funktioniert hervorragend. Einfach - natürlich immer nur gemeinsam mit Erwachsenen - einen Teelöffel voll auf die Handfläche geben und Richtung Kerze pusten. Dann gibt's eine orangefarbene Staubexplosion, die aussieht wie Drachenfeuer.

Das klingt jetzt aber gefährlich.

Ist es aber nicht. Gefährlich ist es, einen Feuerwerkskörper herumzuwerfen, das Gesicht darüber zu halten oder Dinger, die nicht losgegangen sind, aufzuheben. Das sollte man wirklich nie tun. Bei uns im Team gibt es strikte Regeln. Wir nennen das unseren "Piratenkodex".

Sie lassen es seit Jahrzehnten krachen. Was ist für Sie nach all der Zeit das Faszinierendste an einem Feuerwerk?

Die Vergänglichkeit des Augenblicks. Das Feuerwerk leuchtet ja nicht fünf Minuten am Stück, sondern nur wenige Sekunden. Man muss genau hinschauen, um nichts zu verpassen. Du weißt: Dieses Feuerwerk sehe ich nur ein einziges Mal. Das ist ein ganz besonderer Funke Glück.

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