Feuerwehr in Deutschland:112 wird weiblich

Deutschlands Feuerwehren laufen die Männer davon. Dafür finden nun viele Frauen Gefallen am Feuerwehrdienst. Aber sind die für den Job geeignet?

Hans Kratzer

Sie schneiden Verletzte aus Autowracks, löschen Brände und leisten Hilfe bei Unwetterschäden: In Deutschland sind mehr als 1,3 Millionen Feuerwehrleute ehrenamtlich oder hauptberuflich im Einsatz. Welch eine beeindruckende Armada das ist, zeigt folgender Vergleich: Die Mitgliederzahlen aller sechs im Bundestag vertretenen Parteien und der Feuerwehren sind fast identisch.

Frauen bei der Feuerwehr; dpa

Eine Feuerwehrfrau der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main.

(Foto: Foto: dpa)

Doch seit geraumer Zeit geht die Zahl der aktiven Feuerwehrleute zurück. Jedes Jahr um ein Prozent. Immer weniger junge Männer treten in die Feuerwehr ein. Ein Hauptgrund: Viele Arbeitgeber nehmen es nicht mehr hin, dass ihre Leute ständig ausrücken müssen und dann am Arbeitsplatz fehlen.

Andererseits bringt die Mitgliedschaft in der Feuerwehr besonders auf dem Land Vorteile mit sich. Außer der gesellschaftlichen Anerkennung ergeben sich daraus auch berufliche und geschäftliche Vorteile. Überhaupt bildet die Feuerwehr neben dem Sportverein den wohl wichtigsten vorpolitischen Raum. Allein in Bayern gibt es 7700 Freiwillige Feuerwehren mit mehr als 320.000 Aktiven.

Wie Eskimos in der Sahara

Kein Lokalpolitiker kann es sich leisten, die Macht der Feuerwehren zu ignorieren. Einer wie der ehemalige CSU-Chef Erwin Huber hat als Mitglied einer Dorffeuerwehr sogar alle Leistungsabzeichen abgelegt, die meisten Politiker belassen es aber bei der passiven Mitgliedschaft.

Die Folgen dieser Verzahnung sind in der kommunalen Infrastruktur zu beobachten. In Bayern gibt es Städte mit 12.000 Einwohnern, die zehn Feuerwehren, zehn Feuerwehrhäuser und zehn Mal die Ausstattung an Tragkraftspritzen, Fahrzeugen und Atemgeräten besitzen. Die Volkssänger der Biermösl Blosn brachten diese Gemengelage frech auf den Punkt: "Weil die Gemeinde pleite ist, muss man den Haushalt schonen / drum gibt's fürs neue Feuerwehrhaus nur noch lumpige acht Millionen."

Nun, da den Feuerwehren trotz aller Wohltaten die Männer abhanden kommen, erweist es sich als Glücksfall, dass die Frauen nicht nur am Fußball, sondern auch am Feuerwehrdienst Gefallen finden. Vor 25 Jahren waren Frauen in der Feuerwehr noch fast so exotisch wie Eskimos in der Sahara.

Die Brandgeschädigten dürfen hoffen

Mittlerweile sind bereits 7,5 Prozent der aktiven Feuerwehrleute Frauen, in Niedersachsen ist ihr Anteil in den vergangenen zehn Jahren um 60 Prozent gestiegen. "Das Interesse der Frauen an der Feuerwehr wächst seit 1990 rasant", bestätigt auch Silvia Darmstädter, die Sprecherin des Deutschen Feuerwehrverbands, der den Eintritt von Frauen kräftig fördert, denn: "Frauen sind teamfähig und belastbar und damit für den Dienst in der Feuerwehr bestens geeignet."

"Frauen sind Katastrophen .... gewachsen"

Momentan ist der Frauenanteil in den alten Bundesländern mit knapp sechs Prozent aber noch deutlich niedriger als in den neuen Bundesländern, wo die Frauenquote bei elf Prozent liegt. In der DDR waren Frauen in der Feuerwehr eine Selbstverständlichkeit.

In den Jugendfeuerwehren sind indessen bereits 20 Prozent der Mitglieder Mädchen. Vermutlich gefallen ihnen Werbesprüche wie "Frauen sind Katastrophen ... gewachsen", die Vorurteile gegen Frauen in der Feuerwehr ironisieren.

Auch die ersten Erotikkalender von Feuerwehrfrauen zeigen, dass sich das Selbstverständnis der Feuerwehren rasant verändert. Und endlich dürfen auch die Brandgeschädigten hoffen. Den rustikalen Männer-Leitsatz "Was nicht verzehrt des Feuers Schlund, das richten wir mit Wasser zugrund'", werden die Feuerwehrfrauen wohl bald über Bord werfen.

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