Fashion Week: Stefan Eckert:Der Frauenfreund

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Der Designer Stefan Eckert hält Gucci, Prada und Louis Vuitton für Symbole der Gleichschaltung - und Größe 34 für ein Missverständnis. Ein Gespräch über Freigeist.

Anna Kessler

Der Nürnberger Stefan Eckert ist einer der Newcomer der Fashionweek. Der 31-Jährige mit den Dreadlocks, den tätowierten Oberarmen und den großen Ohrringen arbeitete bereits für Alexander McQueen. Vergangenes Jahr eröffnete er in Hamburg seinen eigenen Salon. Im Gespräch mit sueddeutsche.de erklärt er, warum es sich lohnt, ein Risiko einzugehen, was er mit seiner Mode erreichen will und warum er es schlimm fände, wenn jemand denselben Mantel hätte wie er.

Hält sich für einen Individualisten und Kleidergröße 34 für ein Missverständnis: der Nürnberger Designer Stefan Eckert. (Foto: Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Herr Eckert, Eitelkeit gehört zur Modebranche. Was bedeutet es Ihnen, anderen zu gefallen?

Stefan Eckert: Das ist mir nicht wichtig, ist doch vergebene Mühe.

sueddeutsche.de: Aber ihre Kleider scheinen dem Publikum zu gefallen, zumindest können Sie davon leben.

Eckert: Ist doch schön, dass die Leute meinen Geschmack mit mir teilen. Auch wenn ich nicht den Geschmack der Leute teile - das ist der wesentliche Unterschied meiner Herangehensweise.

sueddeutsche.de: Wie würden Sie denn Ihre Herangehensweise beschreiben?

Eckert: Mir wurde schon oft Wahnsinn unterstellt, weil ich Risiken eingegangen bin und Sicherheiten abgelehnt habe.

sueddeutsche.de: Andere machen eine Banklehre, sie gehen in die Modebranche. Wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert?

Eckert: Als ich nach dem Abitur eine Schneiderlehre gemacht habe, wurde ich von vielen belächelt. Das ist eine Ausbildung, die alles andere als glamourös ist - das ist ein Drill. Du sitzt an der Nähmaschine, im Nacken eine altstrenge Meisterin, die die Naht anschaut, aufreißt, und sagt: "Nochmal!" Es ist mit einer Menge Entbehrung und Häme verbunden, wenn du einen anderen Weg gehst.

sueddeutsche.de: Wie hat sich das weiter entwickelt?

Eckert: Wenn du als Heteromann in ein Genre gehst, das schlechthin mit Homosexualität verbunden wird, musst du dich immer rechtfertigen. Da wird man sparsam mit Mitteilungen an die Außenwelt. Man schaltet den Tunnelblick an und geht seinen Weg voran.

sueddeutsche.de: Wie sehen Sie die Frau - anders als ihre Kollegen?

Eckert: Sie muss sexy sein, schön, einen guten Hüftschwung haben, eine gewisse Ausstrahlung und Reife. Bei Frauen mit Kleidergröße 34 fehlt das Spannungsverhältnis.

sueddeutsche.de: Ihre Kollegen buchen immer noch überwiegend magere Models - trotz Kritik und Protesten ...

Eckert: Ein Diktat von einigen Wenigen in der Branche. Wenn etwas zum Trend erklärt worden ist, machen das halt alle mit. Dabei ist das ein reines Missverständnis: Männer mögen gesunde Frauen mit Formen, die Leben in sich haben. Kein Mann steht darauf, dass überall die Knochen rausblitzen. In meinem Umfeld hat niemand so eine Frau.

sueddeutsche.de: haben Sie sich deshalb auf einen bestimmten Modeltyp festgelegt?

Eckert: Weil mein Look sehr feminin ist, suche ich nach Frauen mit Kleidergröße 36/38 und einem B- bis C-Körbchen. Die Agentur sagt dann immer: "Waaaas?" Ich habe ganz Hamburg abgesucht, aber erst in Berlin konnte ich Models für die Show finden.

sueddeutsche.de: Wie würden Sie Ihre Kundinnen beschreiben?

Eckert: Das sind Freigeister, die nicht auf Mainstream aus sind. Sie wollen einzigartig sein, etwas entdecken. Was ich mache, ist nicht auf die breite Masse angelegt. Meine älteste Kundin ist 70, für die habe ich einen coolen Kaschmirmantel drapiert. Sie verabscheut Trends und Gleichschaltung - wie ich auch.

sueddeutsche.de: Was genau meinen Sie mit damit?

Eckert: Die Schuhe von Gucci, die Tasche von Louis Vuitton, das Halstuch von Prada - das ist Gleichschaltung. Und ich glaube, dass wir den Siedepunkt der kompletten Verschmelzung überschritten haben.

sueddeutsche.de: Sind Sie bei sich selbst auch so konsequent?

Eckert: Ich fühle mich als Individuum und so will ich mich stylen. Ich fände es befremdlich, jemandem imselben Outfit gegenüberzustehen.

sueddeutsche.de: Also träumen Sie nicht davon, dass es Ihre Kleider überall auf der Welt zu kaufen gibt?

Eckert: Manche Designer vergessen nach zwei, drei Gläsern Wein, wo sie mit ihrem Label hin wollten. Für mich ist es wichtiger, meiner künstlerischen Tätigkeit und meiner Aussage zu folgen. Deshalb werde ich meine Kollektionen auf einer limitierten Edition halten. Ich verkaufe 100 bis 120 Kleider im Jahr - wenn die weg sind, sind sie halt weg.

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