Süddeutsche Zeitung

Fango-Packungen:Mehr als warm

Schon die alten Römer liebten Fango-Packungen. Denn der warme Matsch auf der Haut hilft Verspannten und Rheumakranken.

Schon zur Römerzeit vertrauten die Menschen auf die heilende und lindernde Kraft des Fango und nutzten die warmen, vulkanischen Heilschlämme. Bis heute werden die tief wirkenden Wärmepackungen bei unterschiedlichen Beschwerden angewandt - ob in Kurbädern oder in Physiotherapiepraxen.

Anders als im Ursprungsland Italien, wo es den gereiften, mit Algen und Mikroorganismen versetzten Fango gibt, funktioniert der Reifeprozess in Deutschlands Klima aber nicht.

"Vielmehr handelt es sich beim deutschen Naturfango um gemahlenes Vulkangestein", sagt Prof. Jürgen Kleinschmidt vom Institut für Medizinische Balneologie der Universität München. Das werde hierzulande nur an wenigen Stelle abgebaut und hergestellt - etwa am Kaiserstuhl nahe Freiburg.

"Zur Anwendung mischen wir dieses Fangopulver zunächst mit Thermalwasser auf - dann sieht es aus wie Zement", sagt Dirk Schrader, Bäderbetriebsleiter der Vital-Therme Bad Wildbad im Schwarzwald. Danach werde es auf eine Temperatur zwischen 43 und 50 Grad erwärmt und in einer etwa drei Zentimeter dicken Schicht auf die vorgesehen Körperstellen aufgetragen. So gelangten auch die Mineralstoffe in die Haut.

"Durch den dichten Stoff, der dann noch einmal um den jeweiligen Teil des Körpers gewickelt wird, bleibt während der rund 20-minütigen Anwendung die Feuchtigkeit erhalten", erklärt Schrader. Lokale Packungen gibt es dabei ebenso wie Ganzkörperpackungen. Generell entfaltet die Wärme des Fango vor allem bei Problemen mit dem Bewegungsapparat eine schmerzlindernde bis heilende Wirkung.

"Es ist wissenschaftlich belegt, dass Fango nicht nur bei rheumatischen Erkrankungen, Gelenkbeschwerden und Wirbelsäulenleiden, sondern auch bei Muskelverspannungen und Koliken hilft", sagt der Kurortwissenschaftler Kleinschmidt. Auch das Immunsystem werde gestärkt und Selbstheilungsmechanismen im Körper nachhaltig angeregt.

Eine Naturfango-Behandlung, die normalerweise zunächst sechs, in einer Kur auch zehn oder mehr Anwendungen umfasst und deren Kosten weitestgehend von den Krankenkassen übernommen wird, kann die Beschwerden über Monate hinweg lindern. Doch auch im Rahmen einer Wellness-Behandlung hat Fango eine wohltuende, stärkende Wirkung: "Es wird Stress abgebaut, die Durchblutung gesteigert und der Stoffwechsel angeregt", erklärt Schrader. "Dabei ist es außerdem einfach unwahrscheinlich entspannend."

Allerdings: Wenn heutzutage von Fango die Rede ist, sind oft auch Wärmepackungen aus Paraffin, also erwärmtem Wachs, gemeint. "Das gilt heute bei den üblichen Behandlungen am Wohnort als normal und ausreichend", sagt Kleinschmidt.

Das Paraffin könne allerdings nicht auf irgendwelche Inhaltsstoffe abheben, denn von den im Wachs eingeschlossenen Farbteilchen und Fangopartikeln könne nichts nach außen dringen.

Der Vorteil des Paraffins liegt darin, dass es kostengünstiger ist als Naturfango. "Das Paraffinfango wird nach den Anwendungen sterilisiert und kann mehrfach verwendet werden", erklärt Michael Preibsch, Physiotherapeut in Weinheim und Vorsitzender des Landesverbandess Baden-Württemberg im Deutschen Verband für Physiotherapie.

Für Herzkreislaufschwache oder Blutdruckkranke sind solche Anwendungen wegen der großen Wärmeentwicklung allerdings nichts - egal, ob es sich um Naturfango oder Paraffin handelt.

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