Familientrio:Wie sage ich meinem Kind, dass es ausziehen soll?

Eine 19-Jährige wohnt nach einem Auslandsaufenthalt wieder bei ihrer Mutter. Die stört sich an der schleichenden Inbesitznahme des Hauses. Was tun? Unsere Familienexperten antworten.

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Katja D., Erlangen, fragt:

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Quelle: Science Photo Library/imago/Science Photo Library

Meine 19-jährige Tochter, die früh von zu Hause ausgezogen ist, wohnt seit einem Aufenthalt in Neuseeland wieder bei uns. Inzwischen seit fast fünf Monaten, geplant waren einige Wochen. Die Stimmung ist gut, sie gibt sich Mühe mit meinem Lebenspartner. Aber es findet eine schleichende Inbesitznahme des Hauses statt, die mir nicht passt. Darum möchte ich, dass sie auszieht. Wie sage ich ihr das?

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

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Kirsten Fuchs

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Quelle: Stefanie Fiebrig

Ich würde es ihr sagen, indem ich es ihr sage. So wie Sie es jetzt formuliert haben, klingt das überhaupt nicht unsensibel. Man muss doch nicht alles okay finden oder aushalten, nur weil man sich liebt. Sie haben Bedürfnisse, und Ihre Tochter hat welche. Ihre Tochter kann ihre Bedürfnisse auf jeden Fall auch woanders ausleben, weil sie auch eine andere Wohnung in Besitz nehmen könnte, bei Freund oder Freundin, oder in eine eigene Wohnung oder WG ziehen könnte. Aber Ihr Bedürfnis danach, dass Ihr Haus Ihr Haus ist, können Sie, so wie es jetzt gerade aussieht, nicht ausleben. Das passt also nicht zusammen. Entweder breitet sich Ihre Tochter nicht weiterhin so aus, oder es geht eben nicht. Ganz klar: Ihr Haus, Ihre Regeln, auch wenn die Tochter erwachsen ist. Wie sieht es aus mit: "Ein Vierteljahr noch, aber räum deine Sachen in dein Zimmer. Ich helf dir bei der Wohnungssuche. Ich unterstütze dich bei allem. Ich hab dich lieb." Ich finde, das hört sich total in Ordnung an.

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis.

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Jesper Juul

Jesper Juul

Quelle: Anne Kring

Ein Problem wie dieses lässt sich nur lösen, wenn Sie sich mit allen zusammensetzen und Sie Ihr Anliegen schildern - und zwar ohne Unterbrechung. Danach können die anderen Vorschläge machen, wie sie dazu beitragen können, dass sich die Situation verbessert. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass am Ende alle Verantwortung für die Lösung tragen, und nicht Ihrer Tochter die Verantwortung und die Schuld zufällt. Sie setzen sich also gemeinsam hin und sagen: "Tatsache ist, dass du (Name Ihrer Tochter) deine Pläne geändert hast, und länger als geplant bei uns bleiben willst." An dieser Stelle wird Ihre Tochter Sie unterbrechen und sich erklären wollen. Definieren Sie dann Ihre Regeln: "Ich mache dir gar keinen Vorwurf, ich frage dich nur um Hilfe. Aber dafür musst du dich gedulden und mich ausreden lassen." Dann reden Sie weiter, ohne auf Ihre Zustimmung zuwarten. "Wir müssen einen Weg finden, bei dem wir alle unsere Grenzen definieren. Ich würde gerne beginnen mit ..."

Jesper Juul ist Vater, zweifacher Großvater und Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

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Collien Ulmen-Fernandes

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Quelle: Anatol Kotte

Das Szenario der schleichenden Inbesitznahme klingt interessant, fast ein bisschen antagonistisch, als verfolge Ihre Tochter einen perfiden Plan, um Ihnen Haus und Hof wegzunehmen. Allerdings ist sie erst 19 Jahre alt und sieht Ihr Zuhause noch als ihr eigenes; vielleicht macht sie diese Unterscheidung noch gar nicht. Dann sollten Sie Ihre Tochter eher positiv motivieren, etwas Eigenes zu schaffen - ihr dabei helfen, nach einer Wohnung zu schauen, mit ihr ins Möbelhaus fahren, sie fragen, auf welche Wandfarbe sie steht, mit ihr Wohnzeitschriften kaufen, ihr Einrichtungsstile schmackhaft machen und das autonome Leben in einem eigenen Zuhause. Mich erinnert das an eine der schönsten Phasen meines Lebens, wenn man kapiert, dass man sein eigenes Ding aufbauen kann, selbstbestimmt, nach dem eigenen Geschmack, mit den eigenen Regeln und Übertretungen von Regeln. Aber Sie sollten es, als das in den Raum stellen, was es ist: eine wunderbare Option.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

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Quelle: SZ

Weitere Leserfragen und Expertenantworten finden Sie auf unserer "Familientrio"-Übersichtsseite.

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