Familientrio:Wie helfe ich meiner Tochter, sich schön zu fühlen?

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Schon Kinder leiden unter dem Zwang zur Selbstoptimierung und einem unerreichbaren Schönheitsideal.

(Foto: imago/Science Photo Library)

Das Kind ist elf Jahre alt und findet sich plötzlich zu dick. Was tun? Drei Experten wissen Rat.

Rebecca K. aus Ingolstadt fragt:

Meine sechsjährige Tochter war schon immer sehr schönheitsbewusst. Sie stand bereits mit vier Jahren vor dem Spiegel, zog sich mehrmals täglich um und schminkte sich. Ich habe das als "ihr Ding" akzeptiert, doch seit einiger Zeit denkt sie, sie sei zu dick. Spindeldünn wird sie nie sein, aber dick ist sie keinesfalls. Wie kann ich ihr helfen, sich weiterhin schön zu finden - auch später?

Drei Experten antworten:

Kirsten Boie: Suchen Sie nach anderen Lebensthemen für Ihre Tochter

Ja, dieses Schönheitsideal ist ein riesengroßes Problem, inzwischen schon für Kinder. Nicht nur Ihre Tochter steht vor dem Spiegel, auch Kleinkinder in der Kita tun ihr gleich, und ein nicht ganz schlankes Mädchen oder Junge kann bereits in diesem Alter deutlich zu spüren bekommen, dass es "nicht stimmt". Dort werden die Keime für den Zwang zur Selbstoptimierung gelegt, der schnell ziemlich egomanisch und tendenziell autistisch werden kann - und im schlimmsten Fall zu Essstörungen führen kann. Gerade jüngere Kinder setzen noch alles absolut - sie finden sich (und andere) entweder hübsch oder hässlich. Manchmal spielt das (aber nur in Verbindung mit anderen Faktoren!) leider sogar eine ziemliche Rolle für die Stellung in der Kindergruppe.

An der genetischen Veranlagung Ihrer Tochter können Sie nichts ändern. Aber wenn Sie es schaffen, dass zumindest ihr Kernthema nicht mehr die eigene Schönheit ist, sondern sie etwa eine Leidenschaft entwickeln kann für eine Sportart, ein Instrument, Freundschaften: Dann hat sie vielleicht eine Chance, das Thema Aussehen nicht mehr so wichtig zu nehmen und ihr Selbstbewusstsein aus anderen Bereichen zu ziehen. Sie muss dann nicht mehr unbedingt der Norm entsprechen, sie ist auch so einverstanden mit sich und mag deshalb auch ihr Aussehen.

Kirsten Boie

Kirsten Boie

(Foto: Christian Charisius/dpa)

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugend- büchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

Jesper Juul: Zu wem sieht Ihr Kind auf?

Das ist ein für mich neuer Themenbereich, daher kann ich Ihnen hier nur Anregungen anbieten: Wissen Sie, ob es ein Mädchen oder eine Frau gibt, zu der Ihre Tochter aufsieht oder die sie idealisiert? Und wenn Sie Ihr Kind fragen, warum das Dünnsein so wichtig für sie ist, können Sie in ihrer Antwort etwas Sinnvolles erkennen?

Geben Sie ihr außerdem zu verstehen, dass sie sich nur zu Hause ständig umziehen und vor dem Spiegel stehen darf, wenn Sie das nicht sowieso schon getan haben.

Jesper Juul

Jesper Juul

(Foto: Anne Kring)

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

Katia Saalfrank: Geben Sie ihr das Gefühl, wertvoll zu sein

Das große Ziel von Eltern heutzutage ist es, dass ihre Kinder selbständig, selbstbewusst und verantwortungsvoll durchs Leben gehen können. Ich sehe die Entwicklung des Selbstwertgefühls als entscheidendes Merkmal an für das gesunde Aufwachsen von Kindern. Sie können Ihre Tochter also weiterhin darin bestärken in dem, was sie ist, und dass sie so, wie sie ist, vollständig geliebt und akzeptiert wird. Und zwar unabhängig von ihrer Figur.

Grundsätzlich kann unser Selbstwertgefühl dann wachsen, wenn wir von mindestens einer uns nahestehenden Person die Botschaft "Du bist okay so, wie du bist" erfahren. Das heißt also, Ihre Tochter anzunehmen mit allen Eigenheiten, Charakterzügen und Vorlieben. Zum einen wird dadurch die Sehnsucht nach Verbundenheit erfüllt, zum anderen liegt hier aber auch der Schlüssel zum Wachstum eines gesunden Selbstwertgefühls unserer Kinder. Die Botschaft, dass sie "richtig" und "angenommen" sind, ist wie ein Samen, der genährt wird durch die weitere Erfahrung im gemeinsamen Tun mit anderen Menschen und das Gefühl, für diese wertvoll und wichtig zu sein.

Katia Saalfrank
(Foto: picture alliance / dpa)

Katia Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung.

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