Familientrio:Was geht vor: Karriere oder Familie?

Ein Vater ist unzufrieden im Job und bekommt ein gutes Angebot in einer anderen Stadt. Frau und Kinder wollen aber nicht umziehen. Was tun? Unsere Familienexperten antworten.

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Alma K., Hamburg, fragt:

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Quelle: Becca Tarter/Unsplash

Mein Mann ist schon länger in seinem Job frustriert. Jetzt hat er einen tollen Posten in einer entfernten Kleinstadt angeboten bekommen. Wir sind als Familie aber super in Hamburg integriert, die Kinder gehen hier zur Schule, ich habe einen spannenden, wenn auch nicht gut bezahlten Job. Ich finde es egoistisch, wenn er zusagt. Er sagt, man darf sich gegenseitig keine Chancen verbauen.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

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Kirsten Fuchs

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Quelle: Stefanie Fiebrig

Selbst wenn die Kinder in Ihrer Familiendemokratie nur halbe Stimmen haben, ist Ihr Mann immer noch überstimmt. Gibt es Zwischenlösungen? Könnte Ihr Mann pendeln? Vielleicht ist es nicht die letzte Chance in seinem Leben. Nur weil er seinen Job nicht behalten will, muss er nicht den Job annehmen, bei dem die ganze Familie gegen ihren Willen verpflanzt wird. Ich persönlich hätte lieber einen Partner, der froh ist, aber das gilt natürlich wechselseitig. Aber mit Kindern, die ihre Freunde vermissen und eine Schnute ziehen, und mit einer Frau, die sagt "Ach, hätt ich doch geheiratet den König Drosselbart" möchte ich an ihrer Stelle nicht bummsreich in der Pampa sitzen und dann in die Garage gehen, um mein teures Hobby auszuüben.

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis.

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Jesper Juul

Jesper Juul

Quelle: Anne Kring

Das ist ein ernsthafter Test für jede Beziehung und keine moralischen Regeln (wie etwa die Ihres Mannes) sind ausreichend gute Richtlinien. Nach meiner Erfahrung kann nur ein Prozess Dilemmata wie diese lösen. In Ihrem Fall beginnt er damit, dass Ihr Mann Ihnen seine Wünsche vorstellt und zwar so, dass er wirklich das Gefühl hat, seine Situation voll und ganz dargelegt zu haben. Ihre Rolle ist es, ihm zu helfen alles auszudrücken. Sie dürfen ihm dabei nicht widersprechen. Nach ein paar Tagen sind Sie an der Reihe, Ihre Lage vorzustellen, und er muss Ihnen helfen, alle guten Gründe für Ihre Sicht zu finden, ohne zu widersprechen. Setzen Sie sich ein paar Tage später wieder zusammen. Dann sagen Sie, wo Sie jetzt stehen, und er tut Gleiches. Paare brauchen unterschiedlich viel Zeit für diesen Prozess, aber nehmen Sie sich Zeit. Sie sollten definitiv die Kinder als Zeugen involvieren und später auch ihre Meinung erfragen. Wenn Sie keine Zeit mehr haben, kann Ihr Mann auch wegziehen und Sie machen weiter, wenn Sie sich sehen. Ich möchte Sie aber davor warnen, den Machtkampf fortzusetzen, den Sie begonnen haben. Sie werden mit vier Verlieren und einer zerbrochenen Familie enden.

Jesper Juul ist Vater, zweifacher Großvater und Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

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Collien Ulmen-Fernandes

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Quelle: Anatol Kotte

So gerne ich eindeutige Antworten raushaue: Bei Ihnen wird's kompliziert. Ihr Mann hat natürlich recht: Wenn sich eine Chance auftut, sollte man als Partner alles dafür geben, dass der geliebte Mann oder die geliebte Frau sie nutzen kann, denn sonst hängt die ungenutzte Chance in den Kleidern und schimmelt da vor sich hin, und es entsteht ein Was-wäre-gewesen-wenn im Kopf. Die gewachsene Struktur, die Sie in Ihrem Heimatort haben, ist aber auch ein wichtiges Argument. Als Demokrat klingelt es in solchen Momenten bei mir und ich denke: Aussprache, Parlament, Argument, Kompromiss. Vielleicht steht am Ende ein hoch kompliziertes Monstrum mit einer Zweitwohnung, die Ihr Mann an vier Tagen die Woche in der Kleinstadt bewohnt. Das ist nur eine Idee, und Sie sollten noch zehn weitere diskutieren. Wenn Sie es schaffen, ein solch komplexes Problem gemeinsam zu lösen, steht am Ende vielleicht mehr Familienidyll und Harmonie, als Sie jetzt haben. Nur bitte nicht rumschweigen und im Bett wegdrehen. Dann gibt es eine Tragikomödie, bei der am Ende alle heulen.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

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Quelle: SZ

Weitere Leserfragen und Expertenantworten finden Sie auf unserer "Familientrio"-Übersichtsseite.

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