Mir geht es genau wie Ihrer Schwester. Habe ich gestern erst gemacht. Mich selbst versetzen Nachrichten manchmal in einen Zustand von Nervosität. Nachrichten geben ja die Gegenwart immer hinsichtlich der Krisen und Notfälle wieder. Wenn ich aus Gauland, Brexit, festgenommenen Kinderschändern und aktuellen Staatskrisen ein Gemälde anfertigen würde, "so sieht die Welt heute also aus", käme immer ein Guernica dabei heraus, ein Beschuss durch alle möglichen schlimmen Krisen, aus allen Richtungen, und morgen, wenn ein Problem gelöst ist, wird die Entstehung eines neuen thematisiert. Das ist das Wesen einer Nachrichtensendung und völlig okay so, aber ich will nicht, dass meine Tochter jeden Tag mit Guernica im Kopf durch den Park läuft und Kastanien sammelt. Wenn also Ihre Schwester die Nachrichten runterdreht, ist es nicht ihre Verzagtheit, sondern die Wesenseigenschaft von Nachrichten. Nachrichten bestehen aus krassen Miniaturen und Peaks, sozusagen nur den Kampf- und Todessequenzen eines Films. Trotzdem bemühe ich mich, von den Problemen auf der Welt zu erzählen, in einer für meine Tochter begreifbaren Form. Und als sie letztens leise "Puigdemont" vor sich hin gesagt hat, war ich auch ein bisschen stolz.
Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".