Süddeutsche Zeitung

Familientrio:Teures Geschenk

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Eine Zehnjährige kauft ihrem Vater Rumpralinen zum Geburtstag und ist schon an der Kasse über den hohen Preis erschrocken. Zu Hause bereut sie den Kauf. Die Verkäuferin verweigert aber die Rücknahme. Wer hat recht?

Meine Tochter, 10, hat ihrem Vater Baumkuchenecken mit Rum gekauft. An der Kasse war sie erschrocken, weil die acht Euro kosteten. Zu Hause weinte sie sehr, darum wollte ich den Kauf rückgängig machen. Als Mutter einer Minderjährigen darf ich das ja. Die Verkäuferin fand das unmöglich, weil sie zurückgegebene Nahrungsmittel wegwerfen muss. Darf ich auf mein Recht bestehen?Mathilde P. aus Starnberg

Margit Auer:

Rechtlich kenne ich mich nicht aus, aber ich hätte der Tochter einfach die Baumkuchenecken abgekauft und fröhlich selber gefuttert. Und als Verkäuferin? Hätte ich sie zurückgenommen! (Und sie vielleicht auch gefuttert, anstatt sie wegzuwerfen oder wird man dann gleich abgemahnt?) Wie so oft macht der Ton die Musik. Wenn man der Verkäuferin das Problem freundlich erklärt, sollte sie großzügig reagieren. Ich habe schon Erbsen umgetauscht, die mein Sohn falsch eingekauft hatte (niemand mag Erbsen aus Dosen) und Mandelsplitter zurückgebracht, die voller Maden waren. In beiden Geschäften kaufe ich immer noch gern und häufig ein. Wenn Sie pampig waren, darf die Verkäuferin ebenfalls pampig sein. Das ist jetzt bestimmt keine arbeitsrechtlich korrekte Antwort, aber ich sehe das einfach so. Menschen, die "auf ihrem Recht bestehen" sind mir unangenehm. Komischerweise trifft man solche Leute häufig an der Supermarktkasse, dort streiten sie um Centbeträge bei der Pfandrückgabe. Welch ein Verlust an Energie und Lebenszeit!

Herbert Renz-Polster:

Natürlich sind Sie formal im Recht, absolut. Und ich finde auch gut, dass Sie Ihrer Tochter helfen wollen, statt sie auf ihrem Kummer sitzen zu lassen. Und trotzdem habe ich kein gutes Gefühl. Denn ich sehe hier drei Partien, denen nicht mehr wohl in ihrer Haut ist: Ihre Tochter, die nun miterlebt, welches Drama ihr Missgeschick auslöst. Dann die Verkäuferin, deren Ärger ja auch irgendwie zu verstehen ist. Und Sie sind ja auch nicht zu beneiden, wenn Sie hier im Namen des Gesetzes die Verkäuferin bekümmern und überhaupt einen ziemlichen emotionalen Aufwand zu schultern haben. Und das wegen ein paar Euro, die Ihre Tochter lieber gespart hätte. Hätte es anders, ausgleichender, und vor allem eine Nummer kleiner laufen können? Ich glaube schon. Vielleicht hätten Sie sich an dem Geschenk beteiligen können ("Also ich zahle den Anteil für den Schnaps da drin, den dürfen Kinder sowieso nicht kaufen")? Oder Sie hätten vielleicht einen Abnehmer für den Fehlkauf in Ihrem Freundeskreis vermittelt, da gibt es sicher einen, der dringend einmal Baumkuchenecken probieren wollte. So jedenfalls erscheint mir das formale Recht mit recht viel Beschädigung erkauft. Ob Ihre Tochter dabei eine flexible, freundliche Konfliktlösung lernt? Vielleicht hätte Ihr ein lockerer Umgang mit dem Problem auch signalisieren können, dass ein paar Euro dann doch nicht Anfang und Ende der Welt sind.

Collien Ulmen-Fernandes:

Die rührende Geste Ihrer Tochter bleibt ja, unabhängig vom Preis für den Baumkuchen. Ob es generell legitim ist, Lebensmittel zurückzugeben, die von Kindern achtlos und fröhlich gekauft wurden, weiß ich nicht. Aber bevor Sie jetzt in einen langjährigen Kleinkrieg mit der Supermarktkassiererin geraten, die eh genug Frust anderer Menschen abbekommt, könnten Sie die Geste retten. Zum Beispiel, indem Sie sagen: "Den Baumkuchen schenken wir Papa zusammen", und den Differenzbetrag übernehmen.

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Quelle:
SZ vom 04.07.2020
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