Familientrio:Sollten Teenager noch bei den Eltern schlafen?

Ein 13-jähriger Junge tut sich mit dem Schlafen schwer und möchte zu seiner Mutter ins Bett. Ist es schlimm, wenn sie das zulässt? Unsere Erziehungsexperten antworten.

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Nahaufnahme der Füße des Paares im Bett *** Close up of the feet of the couple in bed PUBLICATIONxIN

Quelle: Photocase/Imago

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Martina K. aus München fragt:

Ich bin alleinerziehende Mutter eines 13-jährigen Jungen. Wir waren von Anfang an allein, und er hat sich zu einem normalen Teenager entwickelt. Im Grundschulalter litt er unter Verlustängsten, mit dem Schlafen tut er sich seit jeher schwer. Ich habe ein großes Ehebett, und ab und an möchte er noch bei mir schlafen. Ich spüre, dass er dann Geborgenheit braucht. Ist es schlimm, wenn ich das zulasse?

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

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Quelle: Stefanie Fiebrig

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Kirsten Fuchs

Wenn er Geborgenheit braucht, dann soll er sie bekommen. Wenn Sie das beide mögen. Wenn er davon Schaden nehmen sollte, werden wir trotzdem nie wissen, welchen Schaden er genommen hätte, wenn er nicht in Ihr Bett gedurft hätte. Da man nicht beide Möglichkeiten parallel probieren kann und am Ende dann die bessere nimmt, bleibt das Leben immer der erste Durchlauf und man kann sich mit der Frage rumquälen, ob die andere Möglichkeit nicht besser gewesen wäre. Also machen Sie doch alles so, wie Sie es machen. Irgendwann hat er allerdings eine Morgenlatte und will vielleicht doch häufiger allein sein. Aber wenn er allein sein will, wird er es schon zeigen. Außerdem ist mir Ihre Formulierung, dass sie von Anfang an allein waren, aufgefallen. Sie waren von Anfang an zu zweit. Sie waren alleinerziehend, aber sie sind genauso komplett als Familie wie tausende andere alleinerziehende Familien. Ihr Sohn hätte auch mit Vater Verlustängste haben können oder ein verschmuster Kandidat werden. Was darüber hinaus problematisch sein könnte, etwa dass Sie vielleicht keinen Partner haben, weil Ihr Bett besetzt ist, und der Junge womöglich als Partnerersatz dient - das sollten Sie mit jemandem besprechen, der Sie beide genauer kennt.

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis.

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Quelle: Anne Kring

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Jesper Juul

Nein, das ist ganz und gar nicht schlimm. Sie beide leben gerade ein altes Sprichwort aus: Kein Mensch ist eine Insel. Sie suchen mit dieser Frage bei drei Experten Rat. Das finde ich mutig. Ich möchte Sie aber ermutigen, Ihrem eigenem Instinkt zu trauen. Mir wird diese Frage in Varianten nun seit vier Jahrzehnten immer und immer wieder gestellt, und ich habe keinen Anlass, irgendwelche Modelle oder Methoden zu empfehlen. Ich habe nur diesen Rat: Lassen Sie sich von Ihrem eigenen Gefühl leiten: Sie spüren, ob Ihr Sohn Ihre persönlichen Grenzen nicht verletzt, und ob er dieses Privileg gerade noch braucht.

Jesper Juul ist Vater, zweifacher Großvater und Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

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Quelle: Anatol Kotte

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Collien Ulmen-Fernandes

Ich finde das Bild eines 13-jährigen Jungen, der ab und zu im selben Bett übernachtet wie seine Mutter, spontan süß. Genau wie Familien in anderen Kulturen, die gemeinsam in einem Raum, einer Jurte oder einem Iglu schlafen. Warum soll man in schwierigen Situationen nicht zusammenrücken? Schön, dass Sie uns mit Ihrem Anliegen schreiben. Wenn er aber seit so langer Zeit schlecht schläft, sollten Sie vielleicht auch noch einen Psychologen befragen. Vielleicht hat der noch andere, weniger romantische Anmerkungen. So, wie Sie bei einem gebrochenen Fuß ins Krankenhaus fahren, sollten Sie auch Ihrem Sohn die Chance geben, seine Schlafprobleme professionell behandeln zu lassen. Denn spätestens dann, wenn andere Kinder ausgehen, eigene Ehebetten bauen, von zu Hause ausziehen, sollte Ihr Sohn andere Lösungsmechanismen entwickelt haben, als sich auf Mama zu verlassen. Ich erinnere mich an Mitschülerinnen, die auf Klassenfahrt beim kleinsten Zwischenfall mit Blaulicht von ihren besorgten Müttern abgeholt wurden. So richtig ernst wollte die in der Klasse danach niemand mehr nehmen.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

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Quelle: SZ

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Weitere Leserfragen und Expertenantworten finden Sie auf unserer "Familientrio"-Übersichtsseite.

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