Familientrio:Sollten Eltern mit ihren Kindern Pornos schauen?

Um seinen elfjährigen Sohn vor einer gestörten Sexualität zu bewahren, möchte ein Vater gemeinsam mit ihm einen Porno ansehen und besprechen. Eine gute Idee? Unsere Erziehungsexperten antworten.

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Quelle: imago/MITO

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Gerd K. aus Hamburg fragt:

Jungen schauen heute im Schnitt mit elf Jahren ihren ersten richtigen Porno, heißt es in Studien. Das kann zu einer gestörten Sexualität führen, weil sie Sex nicht mit Liebe und Zärtlichkeit assoziieren. Ich hab mir vorgenommen, das Thema aktiv anzugehen, und mit meinem elfjährigen Sohn zusammen einen Porno anzusehen. Eine gute Idee?

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.​​​

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Quelle: Stefanie Fiebrig

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Kirsten Fuchs

Meine erste Reaktion ist erst mal: Whää! Meine zweite Reaktion, wenn ich länger nachdenke: Whääää! Krasses Thema: Eltern und Sexualität. Habe selten gehört, dass Kinder das klasse finden, egal wie locker die Eltern das sehen wollen. Für die Kinder ist es vielleicht wichtiger, ihre Intimität intim auszuleben. Man kann mit ihnen ja auch reden, zum Beispiel über Selbstbefriedigung. Dass das super ist, weil es entspannt und man zufriedener ist, so wie man sich sportlich betätigt und vernünftig isst, kümmert man sich auch um diesen Trieb. Aber dazu muss man nicht mit dem Kind zusammen ... whäää! Können Sie nicht einfach mit ihm reden? Sie können auch einen Cousin beauftragen, der altersmäßig näher dran ist? Der sagt dann: Das sind Filme, die nicht zeigen, wie Mann und Frau miteinander schlafen. So wie Actionfilme nicht zeigen, wie man Auto fährt. Sonst finde ich es gut, dass Sie ihn vorbereiten wollen. Besser als so zu tun, als wäre ein Problem nicht da, oder zu hoffen, es würde schon nichts passieren. Aber bitte so, dass er nicht nachher einen größeren Schaden hat als von solchen Filmen an und für sich.

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis.

Jesper Juul

Quelle: Anne Kring

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Jesper Juul

Die vorpubertären Jugendlichen von heute brauchen verantwortungsbewusste Erwachsene - Eltern, Großeltern und Lehrer -, die den Mut haben, sie über den entscheidenden Unterschied zwischen Sex aus Liebe und Pornografie aufzuklären. Das ist eine Art von Elternschaft, bei der es uns allen an Vorbildern fehlt, also fangen Sie doch so an: "Ich muss mit dir über Pornografie sprechen, was nie ein Thema zwischen mir und meinen Eltern war, also weiß ich selbst nicht recht, wie ich das anfangen soll ... Können wir das?"

Jesper Juul ist Vater, zweifacher Großvater und Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

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Quelle: Anatol Kotte

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Collien Ulmen-Fernandes

Oh! Das ist ein sehr unangenehmes Bild. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr Sohn sich in einer solchen Situation wohlfühlt. Wollen Sie das Geschehen im Porno dann mit väterlichen Off-Kommentaren erklären? "Sieh nur, Sohn, er entblößt nun seinen erigierten Penis und führt ihn in die nette Frau ein!", "Oh, da, die junge Frau befriedigt den freundlichen Herren, indem sie sein Glied in ihren Mund einführt", "Oha, er hat auf sie hinaufejakuliert?" Ich kann mir vorstellen, dass DAS zu einer gestörten Sexualität führt. Den Verwendungszweck von Pornos können sie ihm auch "trocken" erklären. Wie soll denn das typisch männliche Initiationsgespräch "Wie hast du deinen ersten Porno gesehen?" ablaufen? Was soll Ihr Sohn da sagen? "Mit meinem Papa?" Bitte ersparen Sie ihm das. Pornogucken ist ein halbdüsteres Geheimreich von Jugendlichen, in dem sie etwas entdecken, das so abgrundtief krass ist (ob positiv oder negativ), dass sie es auf keinen Fall mit ihren Eltern "besprechen" oder "teilen" wollen - so wie Zigaretten oder das erste Kotzen auf Babalou-Likör. Sie können das natürlich flankieren, zum Beispiel indem Sie erklären, dass die Rolle der Frau in Pornos meistens eine degradierte ist, dass sie nichts mit der Rolle der Frau im wahren Leben zu tun hat. Sie können das alles aber auch sein lassen und ihn das Schattenreich alleine betreten lassen.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

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Quelle: SZ

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Weitere Leserfragen und Expertenantworten finden Sie auf unserer "Familientrio"-Übersichtsseite.

© SZ.de/bavo
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