Familientrio:So viel Kunst

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Nadine B. aus Braunschweig möchte keine selbstgebastelten Werke ihrer Kinder mehr bei Schulfesten kaufen und dann zu Hause heimlich entsorgen. Aber was dann? Drei Meinungen.

Ich finde es herzallerliebst, was meine Söhne, 5 und 9, basteln, und bei den Festen in Kita und Schule verkaufen. Aber unsere Wohnung ist voll davon, und ich will die Sachen nicht mehr heimlich entsorgen. Darum spende ich bei den Festen nur noch Geld, kaufe aber nichts. Meine Söhne finden das nicht toll. Aber ist es besser, Sachen zu kaufen, um sie dann später wegzuwerfen?

Nadine B. aus Braunschweig

Margit Auer:

Mein Rat: Kaufen Sie Schulfesten nur Dinge, die man aufessen kann. Ich habe schon Erdbeerkuchen gekauft, den ich zwei Stunden zuvor selbst gebacken habe. Machen Sie außerdem einen großen Bogen um die Tombola. Dort warten die hässlichsten und sinnlosesten Gegenstände auf ein zweites Leben. Wenn das alles nicht funktioniert, kann man den Kindern das Problem erklären und einen Deal vereinbaren: Der Tonzwerg darf eine Woche lang auf dem Fensterbrett stehen und den Frühstücksgesprächen lauschen, dann kommt er weg. Ihre Söhne müssen ja nicht unbedingt dabei sein, wenn Sie den Kerl in die Tonne werfen. Gehen Sie bei der Gelegenheit gleich mal Ihre Vasensammlung durch: Brauchen Sie wirklich 17 Stück? Es ist immer eine Wohltat, auszumisten. Eine andere Möglichkeit wäre, alle Bastelarbeiten in einer Kiste zu sammeln. An Silvester dürfen sie wieder ans Tageslicht und alle Partygäste vergeben Punkte: Was ist besonders gelungen? Das Teil, das am schlechtesten abschneidet, bekommt feierlich die saure Gurke umgehängt. Das Masterpiece kriegt die Goldmedaille und darf bis in alle Ewigkeit bleiben.

Margit Auer ist die Autorin der Kinderbuch- Bestseller-Reihe "Die Schule der magischen Tiere", die inzwischen mehr als sieben Millionen Mal gedruckt und in 25 Sprachen übersetzt wurde. Sie hat drei Söhne, die fast alle schon erwachsen sind, und lebt mitten in Bayern. (Foto: Auer)

Herbert Renz-Polster:

Ihre Söhne - den Trick haben Sie jetzt nach so vielen Jahren ja raus - suchen einfach nach Signalen der Anerkennung. Und dass Mama das, was sie da basteln, dann auch kauft, ist ja ein solches Signal: Toll, was meine Kinder so machen! Ihre Position als Mutter ist natürlich auch nicht ohne: Wohin mit all dem Zeugs, immer nur Neues dazu nehmen ist da bestimmt nicht die Lösung. Nur: Vielleicht geht der Verzicht auch ohne den Kindern dadurch den Tiger aus dem Tank zu nehmen? Etwa indem Sie das Problem klar benennen: Also ich mag das was Ihr macht, ich gebe gerne dafür auch etwas für eure Schule. Aber guckt mal: Das wird ein riesen Berg, und die unteren Schichten davon findet Ihr ja selber womöglich gar nimmer so spannend. Habt Ihr eine Idee, was wir tun können? In dieser Strategie steckt nämlich das, was eine Familie langfristig trägt: Sie als Elternteil übernehmen die Verantwortung - aber Sie beziehen Ihre Kinder mit ein und achten deren Gefühle.

Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg. (Foto: Verlag)

Collien Ulmen-Fernandes:

Klare Antwort: Ja. Ich finde das eine fantastische Vorstellung: Ein Haus, voller Dinge, die einzig und allein gebastelt wurden, um sie vor den Augen der anderen Kinder an die eigenen Eltern zu verkaufen. Eine Galerie von Gemälden und Skulpturen, die im Grunde nur zu dem Zweck angefertigt wurden, sich elterliche Zuneigung und Respekt ob des Oeuvres zu verschaffen. Meine Idee wäre: Anbauten, in denen Sie die Bilder und Plastiken lagern können; Beschenken der Verwandtschaft, Omas, Opas, Tanten, Onkel, die den Werken Ihrer beiden Künstler ideellen Wert beimessen. Eröffnung einer eigenen Galerie. Weiterverkauf bei Etsy. Ein Kunststand auf dem Wochenmarkt. Oder: Sie machen es genau wie bisher, denn offenbar ist das Kaufen der Werke ein für Ihre Kinder liebesbezeugender Akt.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch-Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst. (Foto: Anatol Kotte)
© SZ vom 29.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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