Süddeutsche Zeitung

Familientrio:Streit um Konfirmation

Lesezeit: 2 min

Die Tochter soll bald konfirmiert werden. Der von der Mutter getrennt lebende Vater hält dieses Ritual für "vollkommen hohl". Darf die Mutter ihn ausladen?

Meine 13-jährige Tochter soll bald konfirmiert werden, aber ihr Vater, von dem ich seit sieben Jahren getrennt lebe, hält dieses Ritual für "vollkommen hohl". Sie verletzt das. Die beiden haben leider kein gutes Verhältnis, obwohl ich mich um Kontakt bemühe. Ich würde ihn nun am liebsten ausladen. Aber darf ich das? Und kann ich die väterliche Verwandtschaft trotzdem einladen? Michaela B. aus Amberg

Kirsten Fuchs:

Wenn Sie Glück haben, möchte der Vater sowieso nicht an der "vollkommen hohlen" Sache teilnehmen - und dann würde ich ihn zumindest nicht zwingen. Wenn dann auch Ihre Tochter akzeptieren kann, dass ihr Vater eine andere Meinung zu einer Konfirmation hat, könnten Sie das einfach auch akzeptieren, und er muss dann nicht an dem Tag rumstänkern. Das ganze hat nichts mit anderen Verwandten aus der väterlichen Seite zu tun. Wer kommen will und sich benehmen kann, soll kommen, wer das eh nicht will, der eben nicht. Die Beziehung der beiden wird zumindest nicht besser, wenn der Vater da hockt und seine Tochter verunsichert. Aber eine andere Meinung darf er auf jeden Fall haben. Wenn die beiden kein gutes Verhältnis zueinander haben, frage ich mich außerdem, ob sie sich überhaupt sehen möchten. Bevor da eine Situation entsteht, in der Sie ihm im Namen Ihrer Tochter nachlaufen, fragen Sie doch mal beide, wie sie Kontakt haben wollen. Häufiger, seltener, an einem anderen Ort? Zumindest muss das nicht auf der Konfirmation gekittet werden. Schönes Fest wünsche ich.

Herbert Renz-Polster:

Dass ein Elternteil ein kirchliches Ritual als "hohl" betrachtet, ist legitim. Und dass dadurch Auseinandersetzungen mit dem anderen Elternteil oder dem Kind entstehen ist normal. Nur: Hier gelingt es dem Vater offenbar nicht, seine Meinung so vorzubringen, dass seine Tochter sich dadurch nicht entwertet fühlt. Ja, das Fest erscheint mir hohl, könnte er signalisieren, aber du bist für mich deshalb nicht "hohl", ich respektiere deine Gründe. Was zu tun ist? Darüber reden, so offen es geht, auf allen Kanälen: Wie können wir trotzdem ein Fest hinbekommen? Lässt sich die Kränkung nicht ausräumen, muss Ihre Tochter entscheiden, es ist ihr Fest. Und weil sie vor einem Dilemma steht, wird sie Ihre Unterstützung gut brauchen können: Einerseits passt zu einem solchen Fest ja die großzügige, versöhnende Haltung - eine "erwachsene" Haltung, wenn man so will. Andererseits ist Ihre Tochter vielleicht noch Kind genug, um sich daran zu erinnern, dass Spielverderber einem Spiel nicht gut tun.

Collien Ulmen-Fernandes:

Ich gehe mal davon aus, dass Ihre Tochter, der die Konfirmation ja gilt, das Ganze keineswegs "hohl" findet. Dann gilt genauso wie bei jeder Hochzeit oder Geburtstagsparty: Man muss sie nicht gut finden, aber man hat trotzdem kein Recht, sie anderen zu verderben. Egal ob Ihre Tochter sich auf ein schintoistisches, buddhistisches oder ein muslimisches Fest freut, Fakt ist, sie tut es, und das gilt es zu respektieren. Tatsächlich würde ich Ihren Ex-Mann - mit vorheriger Erlaubnis Ihrer Tochter - fragen, ob es ihm etwas ausmachen würde, der "hohlen" Veranstaltung fernzubleiben, weil sein egozentrisches Gerede einen schönen Tag im Leben der Tochter gefährdet - und weil der Charakter des nihilistischen Zynikers mittlerweile in allen deutschen und amerikanischen Komödien erzählt ist. Es braucht keinen mehr, dem die Torte scheiße schmeckt. Es braucht mehr Torten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4623869
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.10.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.