Familientrio:Kleines Geld für kleine Kinder

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Die Enkelinnen sind vier Jahre auseinander. Ist es somit okay, wenn die ältere mehr Geld bekommt? Fragt sich die Großmutter.

"Ich habe zwei Enkelkinder (3, 7 Jahre). Die Ältere, auch immer mal wieder eifersüchtig auf die kleine Schwester, bekommt Taschengeld. Wenn sie Geld gespart hat, möchte sie sich davon etwas kaufen, zum Beispiel ein Kuscheltier. Meine Tochter fragt sich, wie sie sich der Jüngeren gegenüber verhalten soll. Sie hat ja noch kein Taschengeld und wird das sicher unfair finden. Können Sie uns helfen?" Marlene H. aus Bad Bramstedt

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit zwei Töchtern, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis. (Foto: Stefanie Fiebrig)

Kirsten Fuchs:

Die Kinder bekommen zwar von ihren Eltern das Gleiche an Liebe und Aufmerksamkeit, aber ansonsten sind eben vier Jahre zwischen ihnen, und das kann in einem Gespräch mit beiden mal klargestellt werden. Die Große darf mehr und muss mehr, die Kleine darf andere Sachen und davon auch mehr. Die Kinder müssen nicht absolut gleich behandelt werden, denn sie sind nicht gleich. Ich kenne sogar Eltern von Zwillingen, wo für diese, obwohl sie gleich alt sind, verschiedene Regeln gelten, weil sie verschiedene Interessen und Charaktere haben. Der eine wird oft angeregt, der andere beruhigt, weil das für jeden das Richtige ist. Ihre große Tochter soll den Umgang mit Geld lernen. Für die Kleine ist das noch nicht dran. Das große Kind darf früher zur Schule, das kleine länger in der Kita bleiben. Ich denke, dass das den Kindern entweder schon selbst aufgefallen ist oder spätestens jetzt auffällt. Die Großen müssen andere Rechte haben! Und das ist nicht ungerecht, sondern gerecht. Also keine Gewissensbisse, bitte.

Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg. (Foto: Verlag)

Herbert Renz-Polster:

Ja, so ungleich ist das Leben in der Familie ... Das kleinere Enkelkind hat noch kein Gefühl für Geld, also kann es sich über diese Schiene noch nicht etwas Gutes tun. Aber kommt das Kind deshalb zu kurz? Vermutlich nicht. Es wünscht sich vielleicht ein Kuscheltier zu Ostern. Und bekommt ja gewiss auch mal eine besondere Zuwendung, die vielleicht das ältere Kind nicht bekommt. Das tariert sich wieder aus: Das größere hat aufgrund seines Entwicklungsstandes die altersentsprechenden Privilegien. Das jüngere Kind wiederum hat spiegelbildlich seine Privilegien (auch kleiner sein ist ein Privileg). Dass das von den Kindern manchmal als nicht fair beurteilt wird, ist eine andere Sache. Auch die selbstnützige Bewertung von Eigeninteressen ist Teil des Familienlebens. Solange die "Hülle", stimmt und die Stimmung in der Bude gut ist, lässt sich damit umgehen. Mehr Gerechtigkeit ist nicht im Angebot.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch-Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst. (Foto: Anatol Kotte)

Collien Ulmen-Fernandes:

Ich finde, sobald ein Kind erklären kann, was Geld ist, sollte es auch welches besitzen dürfen. Eine kleine Summe, klar. Eine kleinere auch als ihre größere Schwester, denn mit dem Alter steigen ja auch die Ansprüche für die Ausgaben. Aber genauso wenig, wie wir als Eltern und Großeltern urteilen sollten, ob Ausgaben für Puppenkleider, Süßigkeiten oder Pokemon-Sammelkarten richtig oder falsch sind, können wir eindeutig festlegen, ab welchem Alter ein Kind die Transferleistung Taschengeld kriegen soll. Ich würde Ihrer Tochter also empfehlen, auch der jüngeren Enkelin eine kleine, symbolische, stolz machende Summe zu geben. Ich weiß noch genau, wie ich mein erstes Taschengeld in der Faust trug, und wie vernünftig ich mich gefühlt habe, als ich durch den Supermarkt an allen Produkten vorbeiging, nichts kaufte, um danach zu sagen: Ich habe was gespart. So vernünftig bin ich mehr als drei Jahrzehnte später nicht mehr. Was dafür spräche, dass der umsichtige Umgang mit Geld mit dem höheren Alter nicht zu-, sondern abnimmt.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

© SZ vom 28.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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