Familientrio:Es geht um die Wurst

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Eine Frage für das Familientrio: Darf veganes Grillgut neben Fleisch liegen? (Foto: dpa)

Muss man für den vegan lebenden Schwiegersohn extra kochen? Darf sein Essen auf denselben Grill gelegt werden? Unsere Experten wissen Rat.

Leser Achim F. aus Stuttgart fragt:

Wenn unser vegan lebender Schwiegersohn zu Gast ist, haben wir bisher unser Menü diskret nach ihm ausgerichtet. Doch zuletzt gab es vorab große Diskussionen, etwa ob sein Essen auf demselben Grill zubereitet wird. Er erschien verschnupft und erst, nachdem wir fertig waren. Wir freuen uns über den Besuch, aber müssen wir uns immer nach ihm richten?

Drei Experten antworten:

Kirsten Boie: Darüber reden anstatt sich "diskret" anpassen

Dass Sie bisher versucht haben, für Ihren Schwiegersohn vegan zu kochen, finde ich prima und selbstverständlich gleichermaßen. So wie Sie seine Entscheidung respektieren, sollte er auch Ihre ohne Vorwürfe akzeptieren können (und seien sie nur unausgesprochen, mimisch-gestisch, atmosphärisch), alles andere erschiene mir etwas selbstgerecht.

Sie schreiben, Sie hätten bisher "diskret" Ihre Menüwahl nach Ihrem Schwiegersohn ausgerichtet. Offenbar haben Sie das Thema also nicht besprochen. Das wäre für mich unbedingt der erste Schritt. Zu gelingenden Familienbeziehungen (die man sich ja nicht, wie Freundschaften, ausgesucht hat und die im Prinzip unkündbar sind) gehört eben auch, dass man sich gegenseitig respektiert und auch bespricht, dass man Entscheidungen des anderen nicht teilt und warum - es dann aber dabei belässt und nicht permanent versucht, den anderen zum eigenen Glauben zu konvertieren.

Wie geht es denn Ihrer Tochter damit? Es klingt nicht, als äße sie auch vegan. Wie handhabt sie die Situation also bei sich zu Hause?

Kirsten Boie (Foto: Christian Charisius/dpa)

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

Jesper Juul:

Ich bin seit vierzig Jahren der Koch in unserer Familie, daher habe ich Verständnis für Ihren Wunsch, jedes Mitglied und jede Vorliebe bei Familienmahlzeiten zu berücksichtigen. Aber ich empfehle, Ihr Dilemma offen anzusprechen, bevor Sie von Ihrem Schwiegersohn richtig genervt sind.

Sagen Sie: "Ich möchte dir wirklich entgegenkommen, aber oft weiß ich nicht, wie ich das tun soll, also brauche ich deine Hilfe. Darf ich dich anrufen, bevor du zu Besuch kommst, und mich mit dir über das Menü austauschen?" Wenn Ihr Schwiegersohn sozial kompetent ist und Fingerspitzengefühl hat, wird er Ihren Vorschlag nicht nur begrüßen, sondern Sie künftig auch in der Küche unterstützen.

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

Katia Saalfrank:

Das können Sie, müssen aber nicht. Es liegt in Ihrer Hand und hängt von Ihrem Bedürfnis ab. Ich weiß nicht, wie oft Sie Ihre Tochter sehen und wie häufig Sie sich gezwungen sehen, Ihr Menü nach Ihrem Schwiegersohn ausrichten zu müssen.

Entweder Sie machen alles so weiter wie bisher. Dann leben Sie mit leichtem Unwohlsein und Ihr Schwiegersohn mit einer leichten Verstimmung. Oder Sie suchen mit Ihrer Tochter und Ihrem Schwiegersohn das offene, wertschätzende Gespräch und sprechen Ihre Frage offen an. Möglichst unvoreingenommen, ohne Vorwurf, ohne Vorbehalt und mit echtem Interesse. Zum Beispiel: Wie können wir uns die Zeit, die wir miteinander haben, so schön wie möglich machen? Wie hättet Ihr es gerne, und was können wir tun, damit hier keiner "verschnupft" ist?

Wenn Sie es schaffen, einen wertschätzenden und verständnisvollen Dialog zu führen, in dem Sie sich einander zuwenden, dem anderen zuhören können und sich alle für die Beweggründe des anderen interessieren, werden sich alle Beteiligten ernst genommen fühlen. Vielleicht haben Sie nicht sofort eine Lösung, aber die Chance, über Ihren Schwiegersohn zu erfahren, wie und warum er so lebt und was ihm wichtig ist. Daraus kann Neues erwachsen.

Katharina Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung. (Foto: picture alliance / dpa)

Katia Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

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