Familientrio:Wie umgehen mit einem Gutwettervater?

PantherMedia A18499546; Vater und Tochter am Strand

Der Vater meldet sich nur, wenn bei ihm gerade die Sonne scheint. Die Tochter hat sich mit "Er arbeitet viel" ihre eigene Erklärung zurechtgelegt.

(Foto: PantherMedia / BlueOrange Studio)

Der Vater kümmert sich nur selten um seine Tochter. Muss man ihm als alleinerziehende Mutter nachlaufen, damit er sie überhaupt regelmäßig sieht? Experten antworten.

Eine Leserin fragt:

Ich habe das alleinige Sorgerecht für meine Tochter (4), mit dem Vater war ich nie zusammen. Er meldet sich ohnehin nur, wenn bei ihm gerade die Sonne scheint. Die Nähe zu seinem Kind hält er nur so lange aus, bis ich fordere, dass er sich regelmäßig um sie kümmern soll. Meine Tochter hat sich mit "Er arbeitet viel" ihre eigene Erklärung zurechtgelegt, wenn er mal wieder mehrere Monate lang nichts von sich hören lässt. Soll ich ihm weiterhin das Kind hinterher- tragen oder kann ich die Tür einfach zulassen? Daniela Z., Berlin

Experten antworten:

Kirsten Boie: Wäre kein Vater wirklich besser?

Bundesweiter Vorlesetag

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

(Foto: picture alliance / dpa)

Ihr Zorn auf den Vater Ihrer Tochter ist mehr als verständlich. Denn auch wenn sie sich jetzt noch eine Erklärung zurechtgelegt hat: Irgendwann wird das Verhalten des Vaters Ihre Tochter stärker verletzen, seine Unzuverlässigkeit sie kränken, und sie wird sich fragen, ob er sie überhaupt lieb hat. Aber was wäre, wenn Sie jetzt den Kontakt abbrächen beziehungsweise unterbinden würden? Dann hätte Ihre Tochter gar keinen Vater mehr - wäre das besser? Offenbar gehört er, so wie er ist, ja doch ganz selbstverständlich zu ihrem Leben (Einen Papa haben alle Kinder, auch wenn manche Papas immer da sind und manche nicht). Unter dem Verhalten des Vaters leiden offenbar im Augenblick vor allem Sie, nicht Ihre Tochter. Wenn sie allerdings eines Tages selbst zornig auf den Vater wird und keinen Kontakt mehr zu ihm wünscht, könnten Sie gemeinsam mit Ihrer Tochter über den Abbruch der Beziehung nachdenken. Vielleicht auch, wenn Sie bemerken, dass es ihr nach (oder wegen seiner Unzuverlässigkeit auch: vor) den Treffen schlecht geht. Sie schreiben nichts davon, ob der Vater seine Unterhaltszahlungen auch vernachlässigt oder dass Sie sich konkrete Sorgen darüber machen, wie er sich bei den Treffen mit Ihrer Tochter verhält. Wenn dies das Problem wäre, sähe meine Antwort anders aus.

Jesper Juul: Ihre Tochter wird ihre eigenen Kämpfe mit ihm austragen.

Familientrio: Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

(Foto: Franz Bischof)

Ihre Tochter hat den Vater, den Sie für sie ausgewählt haben. Und er ist, wie er nun mal ist. Ihn um Regelmäßigkeit in Sachen Kontakt zu bitten oder ihn wegen mehr Stabilität anzugehen, ist so, als ob Sie beim Bäcker Fleisch kaufen wollten. Ihre Tochter wird es überleben und ihre eigenen Kämpfe mit ihm austragen, wenn sie größer ist.

Katia Saalfrank: Überlegen Sie, was im Sinne Ihrer Tochter ist!

Katia Saalfrank

Katia Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es gibt hier genau zwei Möglichkeiten: Entweder lassen Sie sich weiterhin auf den losen Kontakt mit dem Vater Ihrer Tochter ein oder Sie schließen die Tür. Vielleicht überlegen Sie sich, was vor allem im Sinne Ihrer Tochter ist? Darum geht es aus meiner Sicht nämlich vorrangig, auch wenn ich verstehe, dass für Sie die ganze Situation insgesamt sehr anstrengend ist. Ihre Tochter hat sich jedoch eine gute Erklärung zurechtgelegt und lebt mit dem mal mehr, mal weniger verlässlichen Kontakt. Sie kennt ihren Vater nicht anders und lernt so gleichzeitig, mit ihm als Mensch und Vater umzugehen. Vielleicht wird es im Laufe der Zeit und mit zunehmendem Alter zu Situationen kommen, in denen Ihre Tochter sich mehr Kontakt zu ihrem Vater wünscht. Dann ist es wichtig, dass Sie Ihre Tochter an dieser Stelle emotional begleiten und Verständnis für ihr Bedürfnis haben, dass sie für Sie da sind, wenn sie traurig ist, und sie ermutigen, den Wunsch nach mehr Kontakt mit ihrem Vater zu besprechen.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

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