Familientrio:Ein Pferd zu viel

Die Eltern sind getrennt, das Kind will reiten - allerdings auch am Papa-Wochenende auf "ihrem" Reiterhof, nicht auf dem Pferd von dessen neuer Freundin. Tipps für diese vertrackte Situation von unserem Familientrio.

Meine Ex-Frau und ich betreuen die Kinder in einer Art Wechselmodell. Mit der Mutter geht die Tochter, 10, oft in den Reitstall. Nun will sie auch an meinen Wochenenden samstags zum Reiten und hat das übers Jugendamt durchgesetzt. Jetzt können wir gar nichts mehr planen. Bisher hatten wir immer schöne Wochenenden, meine neue Partnerin hat sogar auch ein Pferd, zu dem meine Tochter immer gerne mit ist. Wie können wir das Problem lösen?

Martin L. aus Augsburg

Margit Auer:

Sie hat es übers Jugendamt durchgesetzt? Oh je. Aus Ihrer Frage ist herauszuhören, wie verhärtet die Fronten sind, dass gesunder Menschenverstand hier keine Chance hat. Jede Seite kämpft mit allen Mitteln um, ja, um was eigentlich? Um das coolere Wochenendprogramm? Um das bessere Verhältnis zu den Kindern? Um die Stundenzahl, die wer mit wem verbringen darf? Das ist schlimm für alle Beteiligten. Und wissen Sie was? Ich weiß keine Lösung. Ich gehe davon aus, dass es schwer genug war, das Wechselmodell auszuhandeln. Wenn die andere Seite das nicht akzeptiert, können Sie das Schwert wetzen - und die Kinder, die sicher sehr unter dieser Situation leiden, noch mehr durcheinander bringen. Ich würde dem Reitermädchen sagen, dass sie jederzeit bei Ihnen willkommen ist, und versuchen, mit dem zweiten Kind ein so normales Wochenende wie möglich zu verbringen

Margit Auer
Schwarz weiß

Margit Auer ist die Autorin der Kinderbuch-Bestseller-Reihe "Die Schule der magischen Tiere", die inzwischen mehr als sieben Millionen Mal gedruckt und in 25 Sprachen übersetzt wurde. Sie hat drei Söhne, die fast alle schon erwachsen sind, und lebt mitten in Bayern.

(Foto: Auer)

Herbert Renz-Polster:

Schön, dass die Wochenenden mit Ihrer Tochter bisher so gut liefen! Nun ist sie in der Vorpubertät und entwickelt allmählich vielleicht andere Vorstellungen von ihrem Papa-Wochenende. Vielleicht solche, die ihr etwas Kontinuität mit ihrem anderen Leben ermöglichen? Zu ihren Freundinnen und Bekannten in "ihrem" Reitstall? Die Papa-Tochter-Wochenenden werden jetzt womöglich eher Tochter-Papa-Wochenenden. Also solche, bei denen vielleicht Ihre Beziehung zueinander nicht mehr im Mittelpunkt steht. Und Sie dafür die - zwar weniger befriedigende aber dennoch wichtige - Aufgabe als Chauffeur, Klagemauer und Essenslieferant übernehmen. Klar ist es eine Einschränkung, wenn die Tochter mit einer genauen Liste in der Tasche zu Ihnen kommt, was Sie bitteschön mit Ihr machen sollen. Aber sehen Sie es so: die Liste hat - bisher jedenfalls - einen einzigen Eintrag. Und Ihre Tochter reserviert noch immer ganze Wochenenden für ihren Papa, was durchaus eine Anerkennung wert ist. Wir Erwachsenen vergessen ja manchmal, dass Anpassung eine Zweibahnstraße ist. Wie oft hat sich Ihre Tochter in den letzten Jahren an die Vorgaben des nicht von ihr selbst gewählten Familienarrangements angepasst? Man kann diese neue Forderung Ihres Kindes jedenfalls sehen wie man will, aber sie als Entwertung aufzufassen, hilft weder Ihnen noch Ihrer Tochter.

Familientrio: Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg.

Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg.

(Foto: Random House)

Collien Ulmen-Fernandes:

Lieber Martin, versuchen wir in dieser vertrackten Situation doch zunächst das Gute zu sehen. Ich stelle fest: Im Leben Ihrer Tochter scheint es keinen Mangel an Pferden zu geben! Welcher junge Mensch kann das schon von sich behaupten? Ganz gleich, wo Ihre Tochter hingeht, zur Mutter oder zum Vater - überall findet sie ein Pferd zu ihrer freien Verfügung. Eine luxuriöse Ausgangslage, bei der Ihre Tochter, würde ich meinen, keinen Grund zur Klage hat. Aber nun zu Ihrem Problem: Wenn Ihre Tochter, wie Sie schreiben, am Samstag zum Reiten gehen möchte, dann sollten Sie Ihre Tochter am Samstag zum Reiten gehen lassen. Machen Sie sie nicht zum Spielball von Eigeninteressen. Denn das könnte nach hinten losgehen und am Ende genau das Gegenteil bewirken von dem, was Sie eigentlich wollen: ein schöne Wochenende, mit Ihrer Tochter.

Collien Ulmen-Fernandez

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch- Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst.

(Foto: Anatol Kotte)
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Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

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