Familientrio:Darf ich ohne Partner in den Urlaub fahren?

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Allein am Strand: Für manche eine Traumvorstellung. Für manche Partner der blanke Horror. (Foto: Baz Ratner/Reuters)

Wer in einer Beziehung lebt und trotzdem gern allein verreist, stößt beim Partner schon mal auf Unverständnis. Dabei kann ein wenig Abstand durchaus neue Nähe bringen.

Leserin Isabel K. aus München fragt:

Ich war viele Jahre glücklicher Single, mein Alleinsein war selbst gewählt. Nun bin ich seit einem Jahr in einer Beziehung mit einem tollen Mann, der es allerdings als Verrat ansieht, dass ich mir wünsche, mal wieder zwei Wochen alleine auf Reisen zu gehen. Wie kann ich ihm klarmachen, dass er mir und uns mehr schadet, wenn er mich nicht fahren lässt?

Drei Experten antworten:

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugend- büchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk". (Foto: Christian Charisius/dpa)

Kirsten Boie: Abstand kann Nähe bringen

Das ist schwierig! Dahinter stecken zwei unterschiedliche Vorstellungen von Paarbeziehungen: Eine ist eher traditionell-symbiotisch (bei Ihrem Partner) und eine, für die es selbstverständlich ist, dass in jeder Beziehung zwei Individuen zusammenkommen, die ein gemeinsames, aber auch eigenes Leben haben, und deren Beziehung gerade durch das Leben jedes Einzelnen außerhalb der Beziehung gestärkt wird. Nur wenn beide wachsen, kann auch die Beziehung wachsen. Aber die Vorstellung von der symbiotischen Beziehung hat bei uns einfach eine längere Tradition - sie entspricht ja auch dem Wunsch frisch Verliebter, die am liebsten jede Sekunde gemeinsam verbringen würden, und erscheint somit als die natürlichere Variante. Nur für eine reife und länger andauernde Beziehung taugt sie so gar nicht. Vielleicht reden Sie mit Ihrem Partner darüber, dass gerade die Zeit des Abstands Sie ihm näherbringt? (Schenken Sie ihm außerdem das großartige Liebesgedicht "Rudern" von Reiner Kunze!)

Das können Sie ihm nicht klarmachen. Aber Sie können ihm Folgendes sagen: "Die Tatsache, dass du mich liebst, gibt dir kein Recht, über meine Zeit zu verfügen oder darüber, wie ich sie verbringen möchte. Deine Liebe ist eine Bereicherung für mein Leben, und ich hoffe, dass meine Liebe auch dein Leben bereichert. Wenn sie allerdings zur Pflicht wird, wird sie sterben." Wenn seine Antwort mit einem "Ja, aber . . ." beginnt, hört er Ihnen nicht zu. Und wenn Sie mit ihm anfangen, darüber zu streiten, kostet es unnötig Zeit und Energie. Er hat sich in eine starke, unabhängige Frau verliebt, und wenn er Sie nun in die "Seinige" verwandeln möchte, wird die Beziehung ihr Ende finden.

Sie haben offenbar unterschiedliche Vorstellungen davon - und vielleicht darf sich das nach längerer Zeit des Alleinlebens langsam finden -, wie Sie Ihre Beziehung gestalten wollen. Es ist immer die Frage, wie viel Autonomie man dem anderen zugesteht, ohne das Gefühl der Verbundenheit zu verlieren. Vielleicht sprechen Sie darüber, was Ihre Liebe ausmacht? Ihr Partner scheint große Sehnsucht nach enger Verbundenheit zu haben. Sie scheinen jedoch Ihre nicht in Gefahr zu sehen und wollen im Urlaub auch Autonomie leben. Vielleicht können Sie genau diese Punkte aufeinander zubewegen. Für mich bedeutet diese Beziehungsform, dass sich zwei Partner auf das Tiefste verbunden fühlen, sich vertrauen und voneinander wissen, dass sich der eine auf den anderen verlassen kann. Sie wissen auch, dass sich der eine für den anderen nichts mehr wünscht, als dass er in der Lage ist, sich als eigenverantwortliche Person zu entfalten und unabhängig zu sein. Im Spannungsfeld der Eigenständigkeit und des Verbundenseins können Sie Ihre Beziehung entwickeln. Fragen Sie Ihren Partner, warum es ihm wichtig ist, dass Sie nicht alleine wegfahren, und sagen Sie ihm, dass für Sie der Zusammenhalt nicht weniger wird, wenn Sie Ihre Autonomie leben. Geben Sie sich gegenseitig nicht nur Wurzeln, sondern auch Flügel!

Katia Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung. (Foto: picture alliance / dpa)

​Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

© SZ vom 01. und 02.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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