Familientrio:Bitte keine Kinder

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Was tun, wenn der Nachwuchs auf eine Hochzeit explizit nicht mit eingeladen ist? Eine Mutter findet das unmöglich und fragt sich, ob sie hingehen oder absagen soll. Unsere drei Experten sehen die Sache sehr unterschiedlich.

Freunde von uns heiraten bald, und sie haben die Einladung für die Feier, die nachmittags beginnt, explizit ohne Kinder ausgesprochen. Sie haben selbst keine und haben keine Lust auf Unruhe im Gasthaus. So haben sie das bei der Übergabe der Einladung gesagt. Ich finde das unmöglich. Soll ich zur Feier gehen oder besser gleich absagen?

Tanja B. aus Bonn

Margit Auer:

Schlechte Schwingungen auf einer Hochzeitsfeier, wollen wir das wirklich? Nein! Wenn Sie Lust haben auf das Fest, dann bringen Sie die Kinder zu Freunden und tanzen Sie sich fröhlich durch den Tag. Ohne Kinder können Sie sich sogar einen kleinen Schwips antrinken, mal wieder über Schopenhauer diskutieren und solange bleiben wie Sie wollen. Wenn Sie keine Lust haben, dann bleiben Sie zu Hause. Ich frage mich sowieso, was das für eine Party werden soll - Unruhe ist für mich ein fester Bestandteil einer gelungenen Feier. Ich vermute, Ihre Freunde werden später bereuen, dass sie die Einladung in dieser Form ausgesprochen haben. Spätestens dann, wenn sie selbst Kinder haben. Aber dann können sie ja immer noch ein schönes Fest zusammen feiern. Seien Sie also nicht zu streng. Schreiben Sie eine freundliche Glückwunschkarte und wünschen Sie dem Paar von Herzen alles Gute. Wir alle ändern mal unsere Meinungen und Prioritäten. Das gehört einfach zum Leben.

Herbert Renz-Polster:

Wieder ein schönes Beispiel einer perfekten Symmetrie: Hier hat jeder irgendwie recht. Daher wäre zu hoffen, dass hier nicht allzu viel Ärger auf die anderen, ebenfalls Rechthabenden entsteht. Natürlich sind die Einladenden im Recht, voll und ganz, es ist schließlich ihr Fest. Wenn sie es sich ohne Kinder schöner vorstellen - warum sollten sie es nicht entsprechend gestalten. Vielleicht haben sie ja schlechte Erfahrungen gemacht? Und Sie? Sie können sich ein Fest ohne Ihre Kinder nicht vorstellen, die gehören für Sie einfach mit zur Partie. Und das vielleicht schon aus praktischen Gründen, man kann Kinder oft nicht einfach wegorganisieren. Natürlich würden Sie bei einer Feier, die Sie selber ausrichten, die Kinder Ihrer Freunde mit einladen! Da schließt sich der Kreis: Es ist nicht Ihre Feier. Sie müssen also entscheiden, ob Sie dem Angebot trotz allem so viel abgewinnen können, dass sie hingehen. Oder sie bleiben zu Hause. Vorwürfe und Ärger sind fehl am Platz. Nichts daran ist böse gemeint, es sind nur unterschiedliche Präferenzen, wie man eine Feier gestaltet. Es ist nichts Schlimmes, es ist nur eine andere Sicht auf die Welt.

Collien Ulmen-Fernandes:

Liebe Frau B., ich übernehme hiermit gerne die Schreibarbeit, Sie können meine Nachricht so ausschneiden und abschicken: "Liebes Brautpaar, mit großer Freude haben wir von eurem Plan gehört, euch im ewigen Bund der Liebe zu vermählen. Wir wünschen euch ein geräuschloses Fest, in dem alle Abläufe funktionieren, in dem keine Flasche umkippt, keiner heult und niemand dumme Zwischenfragen stellt. Wir wünschen euch auch, dass alle weiteren Schritte frei von störendem Leben sind. Möge eure Scheidung so geschmeidig laufen wie ein S-Klasse-Motor. Wenn störende Blagen sich nähern, wünschen wir euch jederzeit einen Poller, der euch vor nervigen Kinderwagen schützt - in Liebe und Zuneigung, eure Tanja B. aus Bonn. PS: Nachtrag ans Brautpaar: Vielleicht könnten die Blumenmädchen ja von zwei kleinwüchsigen Komparsinnen gespielt werden? Hmm, wie wär's?

© SZ vom 25.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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