Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Regierung ist zerbrochen, im Februar 2025 wird es Neuwahlen geben, und für Familien in Deutschland heißt das, sie bekommen – nichts. Keine Kindergrundsicherung, kein modernes Abstammungsrecht, keinen verbesserten Gewaltschutz, keine Reform des Unterhaltsrechts. All das stand im Koalitionsvertrag, für einige Vorhaben gab es sogar schon Gesetzentwürfe. Doch die sind alle erst mal vom Tisch. Und der Vorstoß einiger Abgeordneten, den Paragraf 2018 zum Schwangerschaftsabbruch noch schnell aus dem Strafgesetzbuch herauszunehmen, riecht mehr nach Wahlkampf als nach einem ernsthaften Plan.
Dabei hatten viele Beobachter zum Start der Ampelregierung die Hoffnung, dass gerade in der Gesellschafts- und Familienpolitik einiges vorangehen könnte, waren sich die drei Parteien doch darin wesentlich näher als beispielsweise in der Wirtschaftspolitik. Meine Kolleginnen Constanze von Bullion und Sina-Maria Schweikle haben sich nun genau angeschaut, was warum gescheitert ist. Sie diagnostizieren einen Totalschaden, an dem niemand schuld sein möchte. Ich empfehle Ihnen ihren Text darüber sehr.
Die Berliner Familienrechtlerin Eva Becker nennt das Scheitern der vielen Reformen darin „frustrierend“ und sagt weiter: Seit fast zehn Jahren arbeite die Politik an der Modernisierung des Familienrechts – und finde Ausreden, warum doch nichts vorangehe. Auch lasse das Engagement für Familienpolitik zu wünschen übrig, Gesetzesvorhaben würden regelmäßig als „Pillepalle“ abgetan. Dabei berührten sie fundamentale Fragen des Zusammenlebens: „Wer trägt für wen welche Verantwortung? Wo kommen wir her, und von wem stammen wir ab?“ Wer das nicht vernünftig weiterentwickle, verunsichere die Menschen, sagt Becker.
Dem kann ich mich nur anschließen. Im kommenden Jahr wird nun gewählt, danach wird es eine neue Regierung geben. Deren familienpolitische To-do-Liste ist lang. Welches Vorhaben finden Sie am dringendsten? Ich freue mich, wenn Sie mir schreiben.
Ein schönes Wochenende wünscht
Barbara Vorsamer