Familie:Väter haben gelernt, theoretisch

Neun von zehn Vätern arbeiten Vollzeit, fast jeder zweite unter 35 hilft wenig bis gar nicht im Haushalt. Man würde die Kinder ja von der Kita abholen, aber leider, leider. Man könnte in Teilzeit gehen, klar. Passiert aber nicht. Ein Armutszeugnis.

Ein Kommentar von Constanze von Bullion, Berlin

Es wird jetzt viel geredet in Deutschland über eine neue Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann und darüber, wie das Kinderkriegen mit der Karriere vereinbart werden könnte.

Keine Frage, auch Männer haben da gelernt, theoretisch. Ein Kerl, der seine Frau nicht in den Kreißsaal begleitet oder nicht weiß, wie er sein Baby wickelt, blamiert sich heute. Nach einer Forsa-Studie finden acht von zehn Vätern auch, dass ein guter Vater sich Zeit nimmt für seine Kinder. Nehmen sollte, muss man sagen, denn 41 Prozent Väter finden weiterhin zu wenig Zeit für die Familie. Neun von zehn arbeiten Vollzeit, und fast jeder zweite Vater unter 35 hilft wenig bis gar nicht im Haushalt.

Das ist ein Armutszeugnis für eine Industrienation, die eine moderne sein will, die in der Familie aber den Mief der Nachkriegszeit nicht loswird, der westdeutschen. Denn anders als im Osten, wo mehr Väter den Knopf am Staubsauger kennen und die meisten es ganz normal finden, dass die Mutter ihrer Kinder arbeiten geht, sitzen viel zu viele Väter der alten Bundesländer den Zeitenwechsel einfach aus, im Büro. Man würde ja gern die Kinder von der Kita abholen, aber leider, leider. Man könnte auch in Teilzeit gehen, klar. Aber die eigene Karriere macht halt doch mehr Spaß als die der Partnerin.

Mancher Vater trauert tatsächlich um die verlorenen Jahre mit seinen Kindern. Man sollte ihn von dieser Pein erlösen. Aber das kann nur eine: seine Frau.

© SZ vom 14.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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