Familientrio:Soll man das Familienfest verschieben?

Ei, Ei, Ei, was für ein Fest! So bunt wird der Osterbrunch

Das Essen steht am Tisch. Aber sind auch alle da?

(Foto: dpa-tmn)

Damit das Kleinkind zu seinem Mittagsschlaf kommt, wünscht sich die Schwester eine andere Uhrzeit für den Osterbrunch. Die Gastgeberin hat Bedenken, am Ende dennoch warten zu müssen. Das Familientrio weiß Rat.

Meine Schwester und mein Schwager sind notorisch unpünktlich, zwei, drei Stunden Verspätung sind keine Ausnahme. Jetzt haben sie gefragt, ob wir den Start unseres traditionellen Osterbrunchs verschieben können, ihr Kind, 2, komme sonst nicht zu seinem Mittagsschlaf. Ich habe dafür Verständnis - aber auch die Befürchtung, erst ihnen zuliebe umzuorganisieren und dann doch warten zu müssen. Was soll ich tun? Carina S., Ebersberg

Margit Auer:

Margit Auer
Schwarz weiß

Margit Auer ist die Autorin der Kinderbuch-Bestseller-Reihe "Die Schule der magischen Tiere", die inzwischen mehr als sieben Millionen Mal gedruckt und in 25 Sprachen übersetzt wurde. Sie hat drei Söhne, die fast alle schon erwachsen sind, und lebt mitten in Bayern.

(Foto: Auer)

Kommen Schwester und Schwager mit dieser Methode durch? Wie machen sie das? Sie verpassen also Züge, Fähren und den Anfang vom Kinofilm. Sie kommen zu spät zur Arbeit, zum Zahnarzt und später zum Schultheater ihres Kindes. Wie lange dauert denn bei Ihnen ein Familienfest? Sind nicht längst alle beschwipst, wenn die kleine Familie endlich anrückt? Ich finde, bis zur Abifeier ihres Kindes sollten Schwester und Schwager nicht warten, um ihr Zeitmanagement in den Griff zu kriegen. Sie sollten jetzt damit anfangen! Das heißt konkret: Ich würde keine Rücksicht nehmen. Im Übrigen finde ich es nicht gut, wenn man das Gelingen einer Feier vom kleinsten Gast abhängig macht. Eltern haben das Recht zu improvisieren. Eigentlich sollten Ihre Schwester und der Schwager längst herausgefunden haben, dass das Kind niemals genau dann Mittagschlaf macht, wenn man ihn fest einplant. Und es anderseits plötzlich wunderbar im Kinderwagen schlummert, wenn man nach dem Knödelessen einen Verdauungsspaziergang macht.

Herbert Renz-Polster:

Familientrio: Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg.

Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg.

(Foto: Random House)

Ich finde, da haben beide einen guten Punkt: Schwester und Schwager wollen gut für ihr Kind sorgen, und Sie wollen alles tun, damit das Familientreffen klappt. Da hilft nur, den Stier bei den Hörnern zu packen und das Thema auch anzusprechen: Also, dass Sie bereit sind, sich nach Ihrer Schwester und Co zu richten, aber eben trotzdem Sorge haben, dass das dann nicht wirklich klappt. Trotzdem habe ich kein gutes Gefühl mit der Regelung, denn sie klingt irgendwie "von oben herab" - Sie gewähren Ihrer Schwester trotz vormaliger Sünden einen Ablass (und denken dabei vielleicht mit der Faust in der Tasche: Wehe, ihr kommt wieder zu spät!). Das lässt außer Acht, dass das, was Sie als "Unpünktlichkeit" verbuchen (und irgendwie auch als Unhöflichkeit Ihnen gegenüber?) vielleicht Gründe hat, die ganz woanders liegen. Vielleicht wäre es deshalb gut, die Unplanbarkeit in diesem anderen Leben einfach anzuerkennen und das Praktische in den Vordergrund zu stellen - also: Schwester, wie sollen wir es denn machen, damit wir bei dem Fest möglichst viel voneinander haben, auch wenn ihr vielleicht etwas später kommt? Möglichkeiten, sich in unserem technischen Zeitalter da auch kurzfristig abzustimmen, gibt es ja viele. Da wäre es schade, wenn es am menschlichen Missverstehen scheitern würde.

Collien Ulmen-Fernandes:

Collien Ulmen-Fernandez

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch- Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst.

(Foto: Anatol Kotte)

Unpünktlichkeit ist eines der größten Ärgernisse unserer Tage! Sie ist die kleine und große Schwester der Unverbindlichkeit und damit vor allem Symptom einer Zeit, in der Verabredungen - dank Mobiltelefon und ständiger Erreichbarkeit - stets nur noch vorläufig und bis auf Weiteres gelten. Immer nur so lang, bis sich vielleicht doch noch etwas Besseres ereignet. Wer heute noch verlässlich ist und auf Pünktlichkeit pocht, gilt als antiquiert, aber gerade deshalb sollte man unbedingt auf das Einhalten von Verabredungen pochen. Man darf nicht vergessen: Unpünktlichkeit ist unmittelbarer Ausdruck von Macht, im Grunde eine Geste der Unterdrückung. Wer unpünktlich ist, hat wenig Respekt und blickt - unbewusst - auf den Wartenden herab. Diesem Fehlverhalten gilt es, entschieden etwas entgegenzusetzen. Sie und ich, wir müssen etwas tun. Ein Zeichen setzen gegen die Menschen, die immer in Eile sind und zu spät kommen, weil sie zu viele Verabredungen auf einmal eingehen und glauben, auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen zu müssen. Es ist möglich, pünktlich zu sein. Es ist alles nur eine Frage der Priorität.

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Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

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