Extremlauf auf die Zugspitze:"Ich habe gesagt: Der spinnt!"

Der zweimalige Berglaufweltmeister Helmut Reitmeir macht dem Veranstalter des Zugspitz-Berglaufs schwere Vorwürfe. Er kritisiert aber auch die Läufer: Viele würden sich total überschätzen und hätten von den Bergen keine Ahnung.

Sarina Märschel

Helmut Reitmeir, zweimaliger Berglaufweltmeister und selbst Berglaufveranstalter, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Veranstalter des Zugspitzlaufs. "Die Leute sind zwar teilweise schlecht trainiert und überschätzen sich total. Aber die Frage, warum bei so schlechten Verhältnissen gelaufen wurde, muss man sich schon stellen."

Extremlauf auf die Zugspitze: Ein Läufer im Nebel beim Zuspitzlauf, an einem Anstieg unterhalb des Gipfels: "Die Frage, warum bei so schlechten Verhältnissen gelaufen wurde, muss man sich schon stellen", sagt Bergläufer Reitmeir.

Ein Läufer im Nebel beim Zuspitzlauf, an einem Anstieg unterhalb des Gipfels: "Die Frage, warum bei so schlechten Verhältnissen gelaufen wurde, muss man sich schon stellen", sagt Bergläufer Reitmeir.

(Foto: Foto: ap)

Aufgrund des katastrophalen Wetterberichts sei er davon ausgegangen, dass der Veranstalter den Berglauf absage oder die Teilnehmer zumindest nicht bis zum Gipfel laufen lasse. "Als ich erfahren habe, dass er das doch getan hat, habe ich gesagt: Der spinnt!"

Schon am Donnerstag gewarnt

Reitmeir sagte sueddeutsche.de, dass auf dem Veranstalter ein hoher Druck der Läufer gelastet habe. Im vergangenen Jahr seien viele "stinksauer" gewesen, dass der Lauf vorzeitig abgebrochen wurde. Nun sei die Erwartungshaltung hoch gewesen. "Er hatte halt Angst, dass im nächsten Jahr die Leute ausbleiben." Reitmeir beklagte auch, dass die Bergwacht den Lauf nicht unterbrochen habe.

Der passionierte Bergläufer Reitmeir hatte schon am Donnerstag auf seiner Internetseite davor gewarnt, dass sich Teilnehmer während des Zugspitzlaufs verlaufen könnten. Der Veranstalter habe es nicht für nötig gehalten, bei hochgelegenen Schneefeldern die Strecke zu markieren, sagte Reitmeir.

Reitmeir fordert, dass von vorne herein nur erfahrene Bergläufer zu so schwierigen Strecken in hochalpinem Gelände zugelassen werden. "Die Hälfte hat bei dem Lauf nichts verloren, weil sie keine Bergerfahrung hat." Zum Schutz der Teilnehmer hält es Reitmeir außerdem für sinnvoll, bestimmte Zeitlimits für einzelne Etappen zu setzen. Denkbar wäre auch, dass die Leute mit Rucksack laufen müssen, um im Notfall warme Kleidung bei sich zu haben.

"Absolute Eigenverantwortung"

Nach Angaben von Toni Thalhammer, Geschäftsführer des Bayerischen Leichathletikverbandes, gibt es für Bergläufe bislang keine Vorschriften, an die sich der Veranstalter halten muss. Im Prinzip könne auch jeder eine solche Veranstaltung organisieren.

Nur für ebenerdige Läufe sei geregelt, wie viele Versorgungsstationen zur Verfügung stehen müssen und welche Anzahl an Rettungssanitätern darüber wacht, dass alle Läufer gesund ins Ziel kommen. Bei solchen Extremsportarten sei jeder für seine eigene Gesundheit verantwortlich.

Das betrifft auch die Ausrüstung der Läufer. Ob sie mit T-Shirt oder Jacke starten, müssen sie selbst entscheiden. Christen Baumann, stellvertretender Präsident des Organisationskomittees für den Matterhornlauf, findet das richtig: "Sonst könnte man solche Läufe nicht durchführen, wenn man noch sagen muss, welches Hemd und welche Schuhe die Leute tragen sollen." Beim Berglauf hätten die Teilnehmer "absolute Selbstverantwortung".

Schneeschauer kein Grund zum Abbruch

Der Veranstalter müsse jedoch das Wetter im Blick haben. Ein kurzer Schneeschauer sei noch kein Grund dafür, einen Lauf vorzeitig zu beenden, sagt Baumann. "Aber wenn man sieht, dass die Läufer über längere Zeit im Schnee laufen müssen, würde ich abbrechen." Die Entscheidung, wann die Gefahr für die Teilnehmer zu groß wird, liegt allein beim Organisator.

Beim Matterhornlauf würden Sanitäter an den Versorgungsstationen überprüfen, wie gut die Leute in Form sind. "Man kann niemanden zum Aufhören zwingen, aber die meisten Sportler schätzen es, wenn man sie berät und ihnen sagt: Es ist besser, du gibst auf."

Am Internationalen Matterhornlauf in der Schweiz werden am 24. August etwa 1300 Läufer teilnehmen. Nach Angaben von Baumann gab es bei den bislang 25 Matterhornläufen keine schwerwiegende Zwischenfälle: "Keinen Toten, keine schwer Verletzten, nur ein bisschen müde waren manche."

Im Vergleich zum Zugspitzlauf sei die Matterhorn-Strecke aber geradezu leicht, sagte Reitmeir. Er hat beide Läufe schon mehrfach absolviert. Das Ziel des Extremläufers ist es nun, dass sich Gütekriterien für Bergläufe durchsetzen, beispielsweise in Form von Qualitätssiegeln für Veranstalter. Bei solchen Extremsportarten lässt sich das Risiko höchstens minimieren. Beim Lauf in den Bergen, sagt Reitmeier, sei letztlich jeder selbst für sich und seinen Körper verantwortlich.

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