Exklusives Web-Shopping:Luxus auf Empfehlung

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Firmen wie Bertelsmann trennen sich von Clubs - doch im Internet erlebt der Club-Gedanke eine Renaissance: Elitäre Shopping-Seiten sind der Renner.

Hannah Wilhelm

Eine Uhr von Dolce&Gabbana mit 70 Prozent Rabatt? Gibt es im Internet, aber nicht für jeden. Wer kaufen will, muss Mitglied in einem exklusiven Shopping-Club sein. Und eine Mitgliedschaft wird nicht beantragt, nein: Man wird eingeladen. Alle anderen müssen leider draußen bleiben.

Webseite des Marktführers Vente Privée: 600 Mitarbeiter und viele Empfehlungen. (Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Es ist die Rückkehr eines totgeglaubten Phänomens: der Club-Idee. Der gute, alte Buchclub von Bertelsmann kränkelt, einige Clubs sollen sogar verkauft werden. Gleichzeitig verspricht das Internet seit Jahren: freier Konsum für alle. Die Start-Up-Firma letsbuyit.com scheiterte zu Zeiten der New Economy mit einem Club im Internet, in dem sich Kaufwillige zusammentun und einen Rabatt beim Anbieter heraushandeln sollten.

Doch gerade im demokratisierenden Medium Internet kehrt der Club nun zurück: Elitäre Shopping-Websites finden Zulauf. Sie verkaufen an einen geschlossenen Mitgliederkreis viele Designer-Restposten: Brillen, Kleidung, Taschen, die bei Fossil, Dolce&Gabbana, More&More und anderen Herstellern im Lager liegen geblieben sind. Angeboten werden die Produkte sehr günstig, aber nur für ein paar Tage. Und: Die Mitgliedschaft ist kostenlos, es gibt keine Mindestabnahme wie beim Bertelsmann-Club.

Vente Privée heißt der Vorreiter aus Frankreich, die Website vente-privee.com ist Marktführer in Europa. 2007 hat der Club 350 Millionen Euro umgesetzt, dieses Jahr sollen es 500 Millionen werden. Seit 2007 gibt es Vente Privée in Deutschland und Spanien, seit kurzem auch in Großbritannien.

Die Idee zu dem Club hatte der Franzose Jacques-Antoine Granjon 2001, ausgerechnet als eben die Internetblase geplatzt war. Es lief zäh an, kaum einer verstand, was er wollte. Heute hat er 600 Mitarbeiter. Die Grundidee des Konzepts ist ein Mitgliederkreis, der auf Empfehlungen beruht. Genau das war zu Beginn das größte Problem: "Der Anfang ist das Schwerste, denn man muss ja erst mal den Kundenstamm aufbauen", sagt Granjon. "Aber das Prinzip ist wichtig. Es wirkt viel stärker, wenn die Mitgliedschaft auf einer persönlichen Empfehlung beruht."

Exklusivität hilft

Club-Zugehörige würden so zu Botschaftern, das sei die beste Werbung. Auf der Suche nach Mitgliedern weichen manche Anbieter mittlerweile die Regeln auf und legen etwa Frauenzeitschriften Einladungscodes bei. Dass der geschlossene Kreis auch Exklusivität suggeriert, streitet der Franzose dagegen ab. Dabei verströmt die Website Glamour, wo sie nur kann. In hübschen Videos tragen noch hübschere Models die Restposten zur Schau. 300 Personen sind allein mit diesen Foto- und Film-Produktionen beschäftigt, eine "virtuelle Welt" will Granjon für jedes Label schaffen.

Alles, was Exklusivität vermittelt, hilft den Internet-Clubs. Menschen mögen es, auserwählt zu sein. Das ist so, wie in einer angesagten Disco auf der Gästeliste zu stehen, während sich draußen die Masse die Füße platt steht - ein gutes Gefühl. Passenderweise kooperiert der Anbieter claseo.com, gegründet von Studenten aus München, mit der Nobeldisco P1. Claseo ist ein eigenes Label, dessen Kleidungsstücke nur an Mitglieder verkauft werden - in Zusammenarbeit mit der Nobeldisco etwa limitierte P1-Polo-Shirts. "Wir arbeiten nur mit dem Champagner-Hersteller Veuve Clicquot zusammen", sagt Claseo-Gründer Philipp Rappold, "Exklusivität ist für uns wichtig. Menschen wollen individuell sein. Was die Masse hat, ist uninteressant."

In Deutschland ist der größte Konkurrent von Vente Privée der Berliner Anbieter Brands4Friends. Auf der Website kaufen mehr als 500.000 Mitglieder ein, zum Beispiel Restposten der jugendlichen In-Labels Alprausch, Sixty, Vans und Santa Cruz. Die Website funktioniert ebenso wie das französische Vorbild. Zu den bekannteren Shopping-Clubs gehören außerdem BuyVIP und Private Outlet. Ein Geheimnis der Shops sind auch die Marken, denn mit No-Name-Produkten würde das Prinzip nicht funktionieren. Es geht darum, für weniger Geld am Luxus teilzuhaben.

Das Restposten-Problem

Allerdings: Die Labels sind keineswegs daran interessiert, dass ihre Produkte zu billig über den Tisch gehen oder dass sich im Internet gar eine Konkurrenz zu den teuren Läden bildet. Deshalb müssen die Online-Clubs ihnen entgegenkommen: "Wir sind genauso Dienstleister für die Labels wie für die Kunden, die bei uns einkaufen", sagt Granjon. Vente Privée sei keine Konkurrenz, sondern "Partner der Marken". Auch deshalb darf der Verkauf nur einem begrenzten Kreis und für kurze Zeit zugänglich sein. So müssen die Labels nicht um den Wert ihrer Marke fürchten.

Die Probleme der Clubs: Ob edel oder nicht - es bleibt ein Verkauf von Restposten, die im Laden nicht verkauft werden konnten. Die Wahrscheinlichkeit, hier für 100 Euro genau die Uhr von Dolce&Gabbana zu finden, die man noch für 300 Euro im Schaufenster angehimmelt hat, ist gleich Null. Außerdem sind gute Angebote oft innerhalb der ersten Minuten ausverkauft. Ein weiterer Minuspunkt, den viele Käufer bemängeln, ist die Lieferzeit. Bei Vente Privée kann sie rund

einen Monat betragen. Das sind vier lange Wochen, die der Käufer auf sein Edel-Schnäppchen warten muss. Das ging beim guten alten Buchclub dann doch schneller.

© SZ vom 21.07.2008/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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