European Outdoor Film Tour:Eine Überdosis Action

Guido Perrini, einer der bekanntesten Freeride-Filmer, über Risiken und Veränderungen im Filmgeschäft und die Übersättigung des Publikums.

Birgit Lutz-Temsch

Guido Perrini, Kameramann mit Wurzeln in Rom, ist einer der namhaften Freeride-Filmer. Eine Bandscheibenoperation im vergangenen Jahr fesselte ihn mehrere Monate ans Bett. Zunächst aus Langeweile fing er an, sein bestes Material aus zehn Jahren zusammenzuschneiden. Am Ende kam der Film "Ten" heraus, der bei der European Outdoor Film Tour läuft.

SZ: Was war der schlimmste Moment in Ihrer Karriere?

Perrini: Momente, in denen ich erfahren habe, dass Freunde ums Leben gekommen sind. Ich habe Gott sei Dank noch nie einen tödlichen Sturz gefilmt. Anderen Kameramännern ist das passiert. Das sind Anlässe, an denen man sich schon fragt, ob man weitermachen soll. Aber wir machen weiter.

SZ: Es scheint Sie trotzdem zu beschäftigen - in "Ten" denken Sie und die Fahrer viel über den Sinn und Unsinn des Extremsportgeschäfts nach.

Perrini: Weil ich erzählen will, was hinter den Aufnahmen steckt. Ich will dokumentieren, was wir tun, und nicht nur wundervolle Bilder zeigen.

SZ: Das ist generell eine Veränderung in Outdoor-Filmen...

Perrini: Ja, weil wir so viele Skifilme gesehen haben, mit faszinierenden Sprüngen in wundervollen Bergen - ich glaube, die Zuschauer sind übersättigt mit dieser Überdosis perfekter Action. Das ist das gleiche wie bei den Surffilmen: Da gibt es jetzt auch Filme wie "Riding Giants", die mehr dokumentieren, was passiert, als nur Bilder zu zeigen. Auch bei den Skifahrern gibt es so viele Geschichten, die bisher nie erzählt wurden.

SZ: Was hat sich in den zehn Jahren, in denen Sie filmen, noch verändert?

Perrini: Das Wichtigste: Das Level des Fahrkönnens ist heute unglaublich beeindruckend - und die Fahrer werden immer noch besser. Es haut mich jede Saison aufs Neue um. Es wird aber auch immer beängstigender.

SZ: Wie lange drehen Sie für einen Film von 30 Minuten?

Perrini: Um die besten Actionaufnahmen zu bekommen, braucht man viele perfekte Tage. Es gibt amerikanische Produktionen, da sind für 50 Minuten Film zehn Kameramänner den ganzen Winter lang unterwegs.

SZ: Was ist ein perfekter Tag?

Perrini: Wenn ich mit mehreren sehr guten Fahrern und einem sehr guten Piloten in Pulverschnee und phantastischem Licht unterwegs bin, und dann durch die Linse schaue und sage: Wow, ich kann nicht glauben, was ich da sehe! Das passiert vier, fünf Mal im Jahr. Manchmal wäre alles perfekt, aber so richtig klappt es trotzdem nicht. Man braucht auch noch etwas anderes, was man schwer beschreiben kann. So etwas wie Glück.

SZ: Denken Sie manchmal darüber nach, ob Sie junge Skifahrer animieren, richtigen Blödsinn zu machen?

Perrini: Ich versuche, zu zeigen, dass es immer ein gewisses Risiko gibt. Aber das besteht auf jedem Level. Die Leute, die ich filme, haben viel Erfahrung in den Bergen - und sie gehen Risiken ein, die dieser Erfahrung entsprechen. Solche Leute haben andere Grenzen - für andere, normale Fahrer wäre das alles ein Wahnsinn. Wir versuchen in den Filmen zu sagen: Ihr braucht ein unglaubliches Wissen und Können, wenn ihr das machen wollt. Freeriden ist mehr, als rausgehen und skifahren.

SZ: Was ist Freeriding für Sie?

Perrini: Freeriding ist der Skisport in seiner reinsten Form: Da bist nur du und der Berg. Man fühlt sich, wie man sich in den Bergen eben fühlt - einfach großartig. Und frei.

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