EU-Bericht zu DrogenGefährlicher Gift-Cocktail

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Der Trend geht zum Drogen-Mix. Die EU warnt: Durch die Cocktails steigt das Risiko, chronisch krank zu werden. Bewusst falsch ausgezeichnete Produkte werden aggressiv vermarktet.

O. Bilger

Sie heißen Kratom und Kava, und viel Gutes weiß man in Brüssel nicht über diese zwei Pflanzen zu berichten. Sie zählen zu den neuen Drogen, vor denen die Europäische Union eindringlich warnt. Insgesamt 13 neuartige Substanzen sind der EU-Drogenbeobachtungsstelle (EBDD) im vergangenen Jahr gemeldet worden, allen voran synthetische Mittel.

Die Modedroge "Spice" wurde in Deutschland und anderen EU-Ländern zu Jahresbeginn verboten.
Die Modedroge "Spice" wurde in Deutschland und anderen EU-Ländern zu Jahresbeginn verboten. (Foto: Foto: ddp)

Das steht im neuen Jahresbericht der EU-Agentur, der nun in Brüssel vorgestellt wurde. Immer mehr junge Europäer nehmen demnach nicht nur ein Rauschmittel, sondern konsumieren gleich mehrere Stoffe gleichzeitig. Neben dem Trend zum Drogencocktail boomt der Verkauf der Substanzen im Internet, vor allem in Deutschland.

Falsch ausgezeichnete Produkte

Von den 13 Substanzen seien elf synthetische Drogen und zwei Pflanzen. Als neu bezeichnete der Direktor der EBDD, Wolfgang Götz, auch die "aggressive Vermarktung von bewusst falsch ausgezeichneten Produkten". Dazu zählt besonders die Modedroge "Spice", die Deutschland und andere EU-Länder zu Jahresbeginn verboten hatten.

Seitdem seien verschiedene Ersatzstoffe im Internet angeboten worden. Modedrogen würden per Mausklick gehandelt. Das Internet sei "ein bedeutender Marktplatz für psychoaktive Mittel", sagte Götz. Die EU nahm insgesamt 115 Online-Verkaufsportale unter die Lupe, von denen sich 15 Prozent in Deutschland befunden hätten. Mehr Online-Drogenhändler fanden die Beobachter nur in Großbritannien.

Der EU-Bericht zeigt auch, dass sich der Drogenkonsum im Lauf des vergangenen Jahres innerhalb der 27 Mitgliedstaaten sowie der Türkei, Norwegen und Kroatien nicht groß verändert hat. "Wir befinden uns in einer relativ stabilen Lage, was die traditionell konsumierten Drogen angeht", sagte Direktor Götz. Kokain und Heroin bleiben weiter das größte Problem in der Szene.

Beliebteste harte Droge

Seit Jahren ist Kokain die beliebteste harte Droge in Europa: Etwa 13 Millionen EU-Bürger haben bereits Kokain konsumiert. Dabei ist der Missbrauch in Dänemark, Spanien, Irland, Italien und Großbritannien am höchsten. In Osteuropa ist Kokain hingegen kaum populär. In Deutschland nahmen im vergangenen Jahr etwa 1,6Prozent der 15- bis 34-Jährigen Kokain. Der europäische Durchschnitt liegt bei 2,2 Prozent.

Besonders besorgniserregend sei der Konsum von Heroin, der erhoffte Rückgang ist der EBDD zufolge ausgeblieben. Rückläufige Zahlen gibt es hingegen bei Cannabis. Vor allem Jugendliche zwischen 15 und 16 nehmen die Droge seltener zu sich als früher. Dennoch sei Cannabis weiter die am meisten konsumierte illegale Droge. 74 Millionen Europäer haben damit einschlägige Erfahrungen.

Besonders gefährlich sei der "polyvalente Drogenkonsum", also der gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Konsum verschiedener Substanzen, warnt die EU-Stelle. Dadurch werde die Reaktion des Körpers auf die Giftstoffe zusätzlich verstärkt, sagte Götz. Zudem erhöhe sich das Risiko chronischer Krankheiten. Die häufigste Kombination sei die legale Variante: Zigaretten und Alkohol, gefolgt von der Mischung von Cannabis und Alkohol. An dritter Stelle steht ein Giftcocktail aus Alkohol, Cannabis und einer weiteren sogenannten harten Droge wie Ecstasy, LSD, Kokain oder Heroin.

Positiv sei, sagte Götz, dass seit 2008 in allen EU-Ländern die Behandlung mit legalen Ersatzdrogen zugelassen ist. 650.000 Drogenabhängige nutzten mittlerweile jährlich Mittel wie Methadon. "Die Leute sind weg von der Kriminalität - damit verringert sich auch das gesundheitliche Risiko."

© SZ vom 06.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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