Essstörung:Mit Stärke gegen die Magersucht

Immer perfekt sein wollen und doch scheitern - so sehen sich viele Jugendliche, die an einer Essstörung leiden.

Ein intaktes Selbstbewusstsein senkt das Risiko für die Entwicklung einer Essstörung wie beispielsweise Magersucht. "Das Selbstwertgefühl von magersüchtigen Jugendlichen ist oft sehr niedrig, weil sie das subjektive Gefühl haben, nicht den Anforderungen zu genügen, die die Gesellschaft an sie stellt", sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Johannes Hebebrand.

Essstörung: Magersucht - ein hohes Selbstwertgefühl kann sie verhindern.

Magersucht - ein hohes Selbstwertgefühl kann sie verhindern.

(Foto: Foto: dpa)

Verstärkt werde die negative Selbsteinschätzung durch einen meist ausgeprägten Hang zur Perfektion. "Entsprechend kann ein gesundes Selbstwertgefühl vor dieser schweren Essstörung schützen", sagt der Professor. Jugendliche, speziell Mädchen, betrachteten ihren Körper oft zu kritisch, weil sie dem heutigen Schönheitsideal nacheiferten.

"Niemand ist perfekt, jeder hat Schwächen, aber auch liebenswerte Eigenschaften. Jugendliche brauchen Komplimente, die ehrlich gemeint sind. So lernen sie, sich und ihren Körper, auch mit scheinbaren Makeln, anzunehmen", empfiehlt Hebebrand. Eltern können das Selbstbewusstsein ihres Kindes fördern, indem sie ihr Kind keinem zu großen Leistungsdruck aussetzen und keine Vergleiche zu anderen anstellen: "Sie sollten ihrem Kind was zutrauen und es in seinem Selbstständigwerden sowie der Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit unterstützen", rät der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Universität Duisburg-Essen.

Entwicklung einer positiven Grundhaltung

Die Stärkung des Selbstbewusstseins wirke nicht nur vorbeugend, sondern sei auch ein wesentlicher Bestandteil in der Therapie von Magersucht. Beim Blick in den Spiegel lernen Betroffene, ihre Körperhaltung zu verbessern, sich selbst in die Augen zu schauen und im stummen Zwiegespräch mit sich eine positive Grundhaltung zu entwickeln. "Sich klar zu werden über die eigenen Stärken, etwa in Form eines Tagebuchs für schöne Erlebnisse und Erfolge oder einer Art Bewerbungsschreiben, ist eine weitere Grundlage zur Steigerung des Selbstbewusstseins", sagt der Professor.

An Magersucht erkranken jährlich 0,5 bis ein Prozent aller Frauen in Deutschland, die meisten im Alter zwischen 14 und 18. Männer sind weit weniger häufig betroffen. Risikogruppen sind insbesondere Sportlerinnen, vor allem Ballettschülerinnen, und Models, die allein aufgrund ihrer Tätigkeit einem gewissen Schlankheitsdruck ausgesetzt sind.

In der Regel beginnt das Leiden allmählich, mit gesteigertem Interesse an Diäten und Inhaltsstoffen der Nahrung, mit immer wählerischem Essverhalten, bevor ganze Mahlzeiten ausgelassen werden. Mit der äußerlich sichtbaren Abmagerung und dem sinkenden Körpergewicht können Schäden an den inneren Organen einhergehen. Es steigt die Anfälligkeit für lebensbedrohliche Komplikationen; fünf Prozent der Betroffenen sterben an der Essstörung.

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