Es war alles wie immer. Höchstens fiel auf, dass Angela Merkel müde wirkte. Nicht so aufreizend ausgeschlafen wie sonst bei ihren nächtlichen Pressekonferenzen. Die Bundeskanzlerin hatte es sich zur Regel gemacht, das Ratsgebäude nach dem Abendessen mit den anderen Staats- und Regierungschefs nicht zu verlassen, ohne zuvor ihre Deutung eines EU-Gipfels zu Protokoll zu geben. Sie fand es ratsam, sich zu äußern, ehe andere das taten. "Guten Abend, guten Morgen", begrüßte Merkel im Oktober 2015 die Journalisten, "wir haben intensive Beratungen im Wesentlichen über die Migrationsagenda und alles, was sich an außenpolitischen Fragen darum rankt, gehabt."
Essay:Mächtig übertrieben
Die Deutschen halten sich gerne für vorbildliche Europäer - und die Zahlmeister der EU. Unser langjähriger Brüssel-Korrespondent findet: Das ist nur die halbe Wahrheit.
Von Daniel Brössler