Eine Leserin fragt:
Ich bin selten streng, aber Barbies kommen mir nicht ins Haus. Eine Puppe, die im echten Leben nicht mal stehen könnte! Meine Tochter (8) akzeptiert dieses Verbot, will aber nun immer öfter ein bestimmtes Mädchen aus ihrer Klasse besuchen, an dem sie eigentlich gar kein Interesse hat. Aber dieses Kind hat eben wirklich ALLES von Barbie. Was kann ich tun? Was meinen Sie? Dorothee W., 28, München
Drei Experten antworten:
Kirsten Boie: Bleiben Sie entspannt
Ihre Tochter ziehen lassen! Welchen Schaden sollte sie denn nehmen? Ihr Frauenbild wird ganz sicher stärker durch Sie geprägt als durch das Spielen mit einer Plastikpuppe. Zudem macht Ihre Tochter die Erfahrung: Mama mag selbst zwar keine Barbies; sie erklärt mir auch, warum sie die nicht mag und haben darf ich keine. Aber in meine Freundschaften mischt sie sich nicht ein. Ich bin überzeugt: Wenn Ihre Tochter eine Weile ihre bisher nicht befriedigte Barbie-Leidenschaft ausgetobt hat, wird sicher im Mittelpunkt ihrer Verabredungen bald wieder die Frage stehen, ob sie das Mädchen mag, mit dem sie spielt. Barbies allein reichen da auf die Dauer nicht aus. Und es ist doch großartig, dass Ihre Tochter - anstatt permanent wegen einer eigenen Barbie zu quengeln - nun diese Alternative gefunden hat! (Übrigens geht mit acht Jahren das Barbie-Kernalter schon bald zu Ende. Also einfach ganz entspannt bleiben!)
Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern, darunter die allseits bekannten und geliebten "Geschichten aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".
Jesper Juul: Ich bewundere Ihre Tochter
Sie unternehmen rein gar nichts. Warum sollten Sie auch? Ich akzeptiere vollkommen, dass Sie bei sich zu Hause klare Standards setzen. Genauso bewundere ich Ihre Tochter, dass sie sich ihren eigenen Weg zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse sucht. Besser wird es nicht mit Ihnen beiden im Leben! In diesem Fall ist Ihr Erziehungsstandard ideologischer Natur und das Problem mit Ideologien ist einfach immer, dass sie alle Andersgläubigen ausschließen. Möglicherweise wird Ihre Tochter Ihnen in zwanzig Jahren recht geben hinsichtlich der Barbie-Puppen. Vielleicht auch nicht. Aber ist das wirklich wichtig?
Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.
Katia Saalfrank: Vertrauen Sie Ihrer Tochter
In Ihrer Frage schwingt Klarheit, aber auch eine gewisse Empörung mit. Es ist gut, wenn Sie sich klar positionieren können. Ihre Tochter nimmt das auch ernst und kooperiert hier mit Ihnen. Ich kann Ihre Bedenken nachvollziehen, aber vielleicht können Sie Ihre Empörung etwas zur Seite stellen und versuchen, den Wunsch Ihrer Tochter ernst zu nehmen und ihm mit Verständnis zu begegnen. Kinder werden mit Produkten vielfältig konfrontiert und mit Werbung oder über sozialen Druck zum Konsum aufgefordert. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, diese tief empfundenen Wünsche der Kinder ernst zu nehmen. Es ist doch wunderbar, wenn Ihre taffe Tochter ihre "Barbie-Wünsche" bei einer Freundin erleben kann, so können Sie dabei bleiben, dass Ihnen diese Spielsachen nicht ins Haus kommen. Sie können jedoch nicht an jeder Stelle verhindern, dass Ihr Kind sich eigene Wege sucht. Vielleicht wird die Barbie schnell langweilig oder es entwickelt sich eine schöne Freundschaft zwischen den beiden Mädchen? Schenken Sie Ihrer Tochter Ihr Vertrauen als Basis und begleiten Sie sie liebevoll bei Ihren Erfahrungen, die anstehen.
Katia Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung.
Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.