"Er sagt, sie sagt" zu Sportmuffel:Man müsste mal wieder

Er sagt, sie sagt

Sport oder Genuss? Alles eine Frage der Perspektive.

(Foto: iStockphoto / Bearbeitung: Yinfinity)

Er jammert über seinen Bauch, sie über ihren Po. Da hilft nur Sport. Oder: sich gegenseitig schönreden. Ein Beziehungsdrama in Dialogform.

Von Violetta Simon

Sie sitzen auf der Couch und sehen sich einen Film an.

Er (schaut an sich herunter, versucht den Bauch einzuziehen, lässt resigniert die Luft raus): Puh, ich müsste echt mehr Sport machen.

Sie: Oh ja. Wem sagst du das. Genau dasselbe denke ich mir auch jedes Mal, wenn ich mich im Badezimmerspiegel sehe.

Er: So geht das echt nicht weiter.

Sie: Absolut deiner Meinung.

Er: Siehst du, was ich für einen Bauch habe? Zwischen dem Mann, den du kennengelernt hast, und dem Typen, der heute auf der Couch hängt, liegen bestimmt zehn Kilo. Mindestens.

Sie: Pah! Das ist gar nichts gegen meinen Hintern. Ich habe den Eindruck, der führt inzwischen ein Eigenleben. Und verspeist zum Frühstück meine Unterhose.

Er: Deine Probleme möchte ich haben. Dieser Bauch hat einst Frauen zum Schmelzen gebracht. Und jetzt?

Sie: Tja, jetzt - dient er mir als Ruhekissen. (Tätschelt ihm den Bauch und legt ihren Kopf darauf ab) Mein Bärchen.

Er: Hör auf damit. Und nenn' mich nicht so.

Sie: Das machst du mit meinem Hintern auch immer.

Er: Ja, weil der dann so schön wackelt.

Sie (springt auf, dreht sich nach hinten um und versucht, einen Blick auf ihren Po zu erhaschen): Du meinst, er schaukelt sich auf, wenn man ihn anstupst? Wie grässlich!

Er: So schlimm ist es auch wieder nicht.

Sie: Und ob es das ist! Du hast vollkommen recht. Gleich morgen melden wir uns im Fitness-Center an.

Er: Ich bin dabei. Ab morgen wird alles anders.

Der nächste Tag ist ein Samstag. Am Morgen wird erst einmal ausgeschlafen.

Sie: Sollen wir gleich los - oder lieber erst frühstücken? Sport mit vollem Magen ist ja eigentlich nicht so gut.

Er: Aber mit leerem Magen schaff ich das erst recht nicht. Lass uns zuerst was essen.

Sie: Sehe ich genauso. Aber dann gehen wir zum Sport!

Es wird ausgiebig gefrühstückt. Zeitung gelesen. Die Wohnung aufgeräumt. Inzwischen ist es Mittag.

Er: So, wollen wir dann mal los?

Sie (wühlt im Schrank): Ich fürchte, ich finde meine Sporthose nicht mehr. Wahrscheinlich wäre sie ohnehin zu eng gewesen. Lass' uns erst einmal ein ordentliches Outfit besorgen - das motiviert ja auch gleich viel besser.

Und jetzt? Erst mal ein Outift besorgen.

Er: Meinetwegen. Ich brauche sowieso schon lange neue Sportschuhe.

Sie laufen durch die Innenstadt, decken sich mit neuen Sportsachen ein. Es wird Nachmittag.

Sie: Mann, bin ich erledigt von der Rumlauferei.

Er: Außerdem bin ich völlig ausgehungert. So kann ich unmöglich Sport machen.

Schnell in den Supermarkt, etwas zum Abendessen besorgen. Sie kochen gemeinsam, trinken dazu ein Glas Rotwein. Es gibt Hühnchen aus dem Römertopf.

Sie: Ich muss erst mal warten, bis ich mich wieder bewegen kann.

Er: Außerdem gibt es noch Nachtisch. Den könnten wir drüben essen.

Sie gehen ins Wohnzimmer und machen es sich auf der Couch gemütlich.

Sie: Irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen.

Er: Ach was, der Sport läuft uns nicht weg. Wir beginnen einfach morgen mit unserem Fitnessprogramm. Oder nächstes Wochenende.

Sie: Und außerdem: Soo dick sind wir auch wieder nicht.

Er: Also dein Hintern ist genau richtig, wenn du mich fragst.

Sie: Und was sind schon zehn Kilo in zwölf Jahren - so was fällt doch gar nicht ins Gewicht. Das sind gerade einmal 80 Gramm im Monat, 20 Gramm pro Woche und nicht einmal drei Gramm am Tag. Das entspricht zwei Blatt Papier. Findest du, dass ein Blatt Papier was wiegt? Siehste.

Er: Jetzt wo du es sagst. Ich fühle mich schon ein bisschen dünner, irgendwie.

Sie: Ich auch!

Er: Und wenn ich mich hinsetze, so nach vorn gebeugt, denkst du dann nicht vielleicht doch, dass ich aussehe wie Jabba the Hutt?

Sie: Du meinst diesen fetten Schleimbeutel aus Star Wars? Ich bitte dich. Nicht mal im Traum. Bitte. Bleib wie du bist. Schon allein deshalb, weil ich dann auch bleiben kann wie ich bin.

Er: Mann, da bin ich aber beruhigt.

Sie: Dann können wir jetzt also Netflixen und Chillen, wenn du verstehst was ich meine?

Er: Geniale Idee. Ich hol schon mal die Chips.

Sie (seufzt, nimmt die Fernbedienung und lässt sich zurück auf die Couch fallen): Mannomann. Jeden Samstag dasselbe Theater.

Die besten Folgen der Kolumne "Er sagt, sie sagt" sind bei SZ Editionen als Buch erschienen.

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