"Er sagt, sie sagt" zu Campingurlaub:"Immer versteckst du alles"

"Er sagt, sie sagt" zu Campingurlaub: Wo war noch mal die Sonnencreme? Und die Kamera? Und die Schuhe?

Wo war noch mal die Sonnencreme? Und die Kamera? Und die Schuhe?

(Foto: istockphoto; Bearbeitung: SZ.de)

Sein Orientierungssinn ist besser als GPS. Doch im Wohnwagen findet er nicht einmal die Sonnencreme. Ein Beziehungsdrama in Dialogform.

Von Violetta Simon

Gerade sind sie auf dem Campingplatz angekommen: Hymer Wohnmobil, Standplatz erste Reihe mit Meerblick, genau wie im Jahr zuvor. Sie verstaut im Inneren Geschirr, Handtücher, Kleidung in Regale, Schubläden und Ausziehschränke. Er holt Campingstühle, Tisch, Liege und Grill aus dem Laderaum und baut alles auf.

Er (schaut zur Tür herein): Wo kann ich die Bananenschale entsorgen?

Sie: Im Müll?

Er: Ja, aber wo ist der Mülleimer?

Sie: Nicht im Ernst - geht das schon wieder los? Die große Schublade unten links, vor dem Gasherd.

Er: Ach, stimmt ja. Da schau her - Mülleimer in der Schublade. Darauf wäre ich jetzt nicht mehr so ohne Weiteres gekommen.

Sie (verdreht die Augen): Ja. Ich weiß.

Er: Sag mal, hast du Putzeimer, Schaufel und Besen schon irgendwohin geräumt?

Sie: In der Sitzbank neben dem Eingang. Wie im Jahr zuvor.

Er: Ach, wirklich? Und meine Flipflops?

Sie: Alle Schuhe sind wieder in dem Fach in der Treppenstufe zwischen den Betten. Die Betten findest du ja wohl.

Er: Und der Reiseführer? Und die Badetücher? Die Tüte mit den Süßigkeiten?

Sie: Im Cockpit, auf der Ablage. In der Klappe unterm Bett neben der Toilette. Im Hängeschrank rechts über dem Spülbecken.

Er: Faszinierend.

Sie: Ich finde es eher ermüdend. Erinnert mich an betreutes Wohnen, was du hier betreibst.

Er: Eine Frage noch: Ich brauch' Sonnencreme, wo finde ich die?

Sie: Im Bad, wo sonst. Kriegst du das hin ohne GPS?

Er: Sehr witzig, wirklich - ich seh' hier keine Sonnencreme im Bad. Wo genau hast du sie denn versteckt?

Sie: Ich habe sie nicht versteckt. Ich habe sie aufgeräumt - im Schränkchen über dem Waschbecken.

Er: Tut mir leid, aber ich kann beim besten Willen nicht vorhersehen, wo du unseren Kram unterbringst.

Sie: Das solltest du aber. Ich arbeite nach einem logischen System, das man mit ein bisschen gesundem Menschenverstand jederzeit durchblicken kann.

Er: Aber dieses Wohnmobil hat mehr Schubladen, Klappen, Schränkchen und Ablagen, als ich im Laufe meines Lebens jemals brauchen werde. Das kann sich kein normaler Mensch merken.

Sie: Das nennt man Stauraum, und das ist total praktisch. Aber selbst wenn es hier insgesamt nur sechs Schubladen gäbe, wärst du überfordert.

Er: Ich würde es mir merken - wenn ich es selbst eingeräumt hätte. Aber das willst du ja nicht.

Sie: Aus gutem Grund, denn dann fänden wir beide nichts mehr.

Er: Und wenn wir die Schranktüren und Schubladen offen stehen lassen? Dann sehe ich jederzeit, wo sich was befindet.

Sie: Tolle Idee, wirklich.

Das machst du absichtlich

Er: Weißt du, was ich denke? Du machst das absichtlich. So bin ich auf dich angewiesen.

Sie: Glaubst du im Ernst, dass ich mir das freiwillig antue? Meinst du nicht, ich habe Besseres zu tun, als deinen persönlichen Wohnwagen-Assistenten zu spielen, weil du zu faul bist, dir zu merken, wo was steht?

Er: Das hat mit Faulheit nichts zu tun - ich KANN mir das einfach nicht merken.

Sie: Sorry, aber das verstehe ich nicht. Bist du nicht derjenige, der immer behauptet, ich hätte - im Gegensatz zu dir - keinen Orientierungssinn?

Er: Hast du auch nicht.

Sie: Ja, aber du! Du könntest dieses Wohnmobil blind von Buxtehude nach Würzburg fahren. Und uns beide ohne Probleme aus der Libyschen Wüste führen. Aber du bist nicht in der Lage, dich in diesen 15 Quadratmetern zurechtzufinden und ohne Hilfe die Sonnencreme zu orten.

Er: Na und, ich komme auch ohne Sonnencreme aus.

Sie: Aber wahrscheinlich würdest du verhungern, weil du keinen Schimmer hättest, wo sich die Lebensmittel befinden.

Er: Stimmt. Ich sehe nirgends welche. Wo sind sie denn?

Sie: Im Lebensmittelschrank, genau wie letztes Mal, darf ich vorstellen?

Sie zieht ein schmales Regal aus der Front hervor, in dem sich Nudeln, Kaffeepulver, Gewürze und andere Zutaten befinden.

Er: Richtig, das war das Geheimfach für Essen. Da könnten wir eigentlich perfekt unsere Papiere und Wertsachen unterbringen.

Sie: Bitte. Fang jetzt bloß nicht wieder an, deinen Krimskrams zwischen den Nudeln zu verstecken. Du findest ja so schon nichts, selbst wenn es sich an seinem richtigen Platz befindet.

Er: Doch nur, weil du immer alles umräumst. Immer, wenn ich endlich das Gefühl habe, jetzt hab ich's geschnallt, stehen die Tassen oder Teller an einem anderen Platz.

Sie: Die Tassen und Teller waren schon immer am selben Platz.

Er: Ach, und wo soll der sein?

Sie: Im Geschirrschrank über dem Waschbecken. Wo denn sonst, Himmel noch mal!

Er: Aber ich dachte ...

Sie: Was. Dachtest. Du?

Er: Wo war noch mal der Mülleimer?

Die besten Folgen der Kolumne "Er sagt, sie sagt" sind bei SZ Editionen als Buch erschienen.

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