Entscheidung des Bundessozialgerichts:Kein Geld für Kinderwunsch-Behandlung ohne Trauschein

  • Das Bundessozialgericht in Kassel hat entschieden, dass ledige Paare mit unerfülltem Kinderwunsch für medizinische Behandlungen kein Geld von der gesetzlichen Krankenkasse bekommen.
  • Es wies damit die Revision einer Krankenkasse zurück, die auch unverheirateten Paaren Zuschüsse für die Behandlungen zahlen wollte.

Die Entscheidung

Ledige Paare mit unerfülltem Kinderwunsch bekommen für künstliche Befruchtungen kein Geld von der gesetzlichen Krankenkasse. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel jetzt klargestellt. Es wies die Revision einer Krankenkasse mit Sitz in Berlin zurück, die auch unverheirateten Paaren Zuschüsse für die Behandlungen zahlen wollte. Die Satzungsänderung der Kasse stehe nicht im Einklang mit höherrangigem Recht, befanden die Richter. Demnach dürfen sich die Kassen nur bei Eheleuten an den Kosten beteiligen. In erster Instanz hatte die Klägerin vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg verloren (Az.: B 1 A 1/14 R).

Der Fall

Eine Frau lernt einen Mann kennen, sie wünschen sich Kinder. Als es nicht klappt, nehmen sie medizinische Hilfe in Anspruch. Die Krankenkasse der Frau - die BKK VBU - will die üblichen Zuschüsse übernehmen, doch die Versicherte ist nicht verheiratet. Die BKK will ihre Satzung entsprechend ändern und auch ledigen Frauen Zugang zu der Leistung gewähren, doch sie scheitert am Bundesversicherungsamt - und geht den Weg nach Kassel.

Die inzwischen 41-jährige Frau, anhand deren Fall in Kassel Grundsatzurteil entschieden wurde, hat ihren Partner schließlich geheiratet: "Wir haben das zu diesem Zeitpunkt getan, um auf unkompliziertem Weg die Zuschüsse für die Behandlungen zu bekommen."

Teure Reproduktionsmedizin

Viele Paare, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, setzen ihre Hoffnungen auf die Methoden der Reproduktionsmedizin, die teuer und häufig langwierig sind. Nach Zahlen des Deutschen IVF-Registers (DIR) haben sich 2012 bundesweit etwa 50 000 Frauen einer Kinderwunschbehandlung unterzogen. Dabei ging es entweder um die In-vitro-Fertilisation (IVF) oder die Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Die Kosten liegen je nach Behandlungsform bei bis zu 4500 Euro. Die Kassen zahlen Zuschüsse entsprechend der gesetzlichen Regelungen für künstliche Befruchtungen für drei Versuche - aber nur an Verheiratete.

Doch obgleich längst gesellschaftliche Realität, werden Eltern ohne Heiratsurkunde rechtlich vielfach benachteiligt - die Nichtübernahme der Kosten für Kinderwunschbehandlungen ist da nur ein Beispiel. Die Betroffenen empfänden das als "ungerecht und nicht mehr zeitgemäß", sagte Petra Thorn, die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Kinderwunschberatung. "Sie fühlen sich doppelt bestraft."

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