Elternfragen:Wer bringt die Kinder ins Bett?

Junge beim Schlafen

Heimkommen, wenn die Kinder schon schlafen. Geht das?

(Foto: Jörn Buchheim/Fotolia)

Wer bringt bei Ihnen zu Hause die Kinder ins Bett? Mutterliebe hat ihre Grenzen. Nach einem langen Arbeitstag zum Beispiel. Aber was tun?

Unsere Erziehungskolumne: Eltern fragen, drei Erziehungsexperten antworten.

Verena B., 38, München fragt:

Ich, Mutter, drei Kinder, bleibe abends manchmal länger im Büro, um mich um die ins-Bett-geh-Sache zu Hause zu drücken. Einerseits habe ich dann immer ein schlechtes Gewissen, andererseits haben das Generationen von Männern vor und mit mir ja wohl auch so gemacht. Wie beurteilen Sie mein Verhalten?

Drei Experten antworten

Kirsten Boie: An einzelnen Abenden können Sie sich drücken

Bundesweiter Vorlesetag

Kinder- und Jugendbuchautorin Kirsten Boie

(Foto: picture alliance / dpa)

Sehr nachvollziehbar, vor allem nach einem langen Arbeitstag. (Und nicht, weil Männer das schon immer so gemacht haben - die haben ja auch viel Blödsinn gemacht.) Für Ihre Kinder ist es doch nicht nur schön, sondern wichtig, dass ab und zu mal der Papa die "Ins-Bett-Geh-Sache" macht, schon damit sie sehen, dass das nicht nur eine Frauenangelegenheit ist. Allerdings drängt sich mir ein anderer Gedanke auf: Wenn Sie erst so spät nach Hause kommen - also offenbar erst nach dem Abendbrot! - ist das täglich so? Ist denn der Papa schon vorher da? Wichtiger als die Überlegung, wer ab und zu mal die Kinder ins Bett bringt und wer sich davor drückt, erscheint mir die Frage, wie häufig Sie beide und Ihre Kinder eine entspannte, fröhliche Zeit miteinander haben. Wenn das geregelt ist, können Sie sich an einzelnen Abenden ruhig mal drücken!

Kirsten Boie

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern, darunter die allseits bekannten und geliebten "Geschichten aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

Jesper Juul: Sprechen Sie "kinderfreie Zeiten" ab

Elternfragen: Familientherapeut Jesper Juul

Familientherapeut Jesper Juul

(Foto: Franz Bischof)

Der Unterschied zwischen Ihnen und den Vätern vor Ihnen ist allein das schlechte Gewissen. Das Schwierige an Ihrer Frage ist jedoch die fehlende Angabe, vor wem Sie ein schlechtes Gewissen haben: Ihren Kindern, Ihrem Ehemann oder Ihrem Selbstbild als Frau und Mutter? Wahrscheinlich von allem etwas. Mein Vorschlag: Setzen Sie sich mit Ihrem Mann zusammen und sprechen Sie "kinderfreie Zeiten" ab. Vielleicht braucht er sie selber nicht, aber das würde auf jeden Fall das Gewissensproblem ihm gegenüber lösen. Mit den Kindern ist es schwieriger. Ein schlechtes Gewissen führt zu emotionaler Distanzierung, und die Kinder werden das spüren. Bei drei Kindern wird eins zu klammern anfangen, eins wird auf Abstand gehen, und das Dritte wird sich aufführen. Früher sagte man "nach Aufmerksamkeit suchen" dazu, aber was die Kinder eigentlich wollen, ist Klarheit. Die Botschaft ist einfach, aber kann emotional nicht einfach auszusprechen sein, zumal sie nicht in das traditionelle Bild einer Mutter passt: "Ich liebe euch über alles, UND ich will manchmal alleine sein." Wenn es Ihnen gelingt, mit Ihrer Familie so ehrlich zu sein, können Sie die Zeit im Büro ohne schlechtes Gewissen genießen.

Jesper Juul

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

Katja Saalfrank: Stehen Sie zu eigenen Grenzen

Katia Saalfrank

Diplom-Pädagogin Katja Saalfrank

(Foto: picture alliance / dpa)

Es ist recht typisch für uns Mütter, dass wir ein schlechtes Gewissen entwickeln, wenn wir Zeiten für uns selbst beanspruchen. Ich erlebe das bei Männern generell weniger. Woher kommt das? Unsere eigenen Erwartungen an uns als Mütter sind enorm hoch. Wir wollen alles perfekt unter einen Hut bekommen. Kinder, Küche, Karriere. . . Und selbstverständlich gelingt es uns dann auch noch, am Abend mit den Kindern den langen Tag liebevoll zu beenden. Doch die Wahrheit ist: Das kann niemand schaffen. Sie sind nicht die Einzige, die am Abend müde ist. Deshalb ist es wichtig, wahrzunehmen, wo eigene Grenzen liegen und sich auch einzugestehen, dass man gerade Zeit für sich braucht, um wieder aufzutanken. Sie sind deshalb keine "schlechtere" Mutter. Vielleicht hilft es auch, noch mal zu spüren, dass man die Kinder nicht weniger liebt, nur weil man gerade jetzt die Belastung am Abend nicht gut aushalten kann.

Katia Saalfrank

Katia Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

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