Ein Jahr Pflege-TÜV:Kritiker warnen vor Schwachstellen

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Der Pflege-TÜV soll seit einem Jahr mehr Transparenz in der Versorgung alter und kranker Menschen schaffen. Kritiker bemängeln, man könne sich nicht auf ihn verlassen.

Ein Jahr nach Start des sogenannten Pflege-TÜV, abrufbar über die Website www.pflegelotse.de, haben die Ersatzkassen eine positive erste Bilanz der Bewertung von Pflegeheimen und -diensten gezogen.

Der Pflege-TÜV soll eine Orientierungshilfe für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sein. Kritiker bemängeln jedoch das Bewertungssystem. (Foto: ddp)

Nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) wurde das Internetportal während der ersten elf Monate gut 17 Millionen Mal besucht. Dort sind laut VDEK-Vorstandschef Thomas Ballast bislang die Noten von etwa 8.500 von bundesweit insgesamt 12.000 ambulanten und 10.000 stationären Einrichtungen einsehbar. Bis Ende des Jahres sollen für alle Anbieter die Transparenzberichte des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einschließlich Benotung vorliegen; eine Prüfung, die im Einjahres-Turnus wiederholt werden soll.

Ballast sprach in Berlin von einem "sehr wichtigen Wegweiser" für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen und kündigte die Beseitigung von "Schwachstellen" an. Welche das sind, formulierte die Deutsche Hospiz Stiftung: In der Neuen Osnabrücker Zeitung forderte der Vorstand der Patientenschutzorganisation, Eugen Brysch Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) dringend zu Nachbesserungen des Pflege-TÜV auf. Brysch nannte das bisherige Modell der Bewertungskriterien ein "System zur Verschleierung der Pflegedefizite".

So ließen sich etwa mit Nebensächlichkeiten wie einem gut lesbaren Speiseplan gravierende Mängel wie zum Beispiel in der hygienischen Versorgung ausgleichen. Dies führe dazu, dass die meisten Heime "viel zu gute Noten" erhielten. Brysch hob hervor, dass beim Pflege-TÜV die Gesamtnote nie besser als bestimmte Schlüsselnoten sein dürfe. Der bundesweite Notendurchschnitt auf einer Skala von 1 bis 5 liegt für Heime bei 1,9 und für ambulante Dienste, die Pflegepersonal ins Haus schicken, bei 2,1.

Laut VDEK-Vorstand Ballast versucht etwa jede 50. Einrichtung, eine Veröffentlichung ihrer Bewertung zu verhindern. Er sei jedoch zuversichtlich, dass bei einem Verfahren vor dem Bundessozialgericht die Kassen Recht behielten. Der Pflege-TÜV wurde 2008 von der Großen Koalition vereinbart. Hintergrund waren seit Jahren immer wiederkehrende Berichte über gravierende Mängel in Pflegeheimen.

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