Ein Anruf bei...:...Olga Halon, 97-jähriger Fußball-Fan

Ein Anruf bei...: Fast wie ein Einlaufkind: Olga Halon führt Manchester-City-Star Fernandinho ins Stadion. Oder umgekehrt?

Fast wie ein Einlaufkind: Olga Halon führt Manchester-City-Star Fernandinho ins Stadion. Oder umgekehrt?

(Foto: Phil Noble/Reuters)

Seit 1930 hat sie eine Dauerkarte beim britischen Fußballverein Manchester City. Nun durfte sie ihre Lieblingsmannschaft ins Stadion führen.

Interview von Martin Zips

SZ: Frau Halon, gemeinsam mit ihrer 102 Jahre alten Schwester haben Sie am Samstag Spieler von Manchester City ins Stadion geführt. Wie fühlt es sich an, mit 97 Jahren von 50 000 Zuschauern im Fußballstadion bejubelt zu werden?

Olga Halon: Unbeschreiblich. Meine Schwester und ich haben die ganze Geschichte ja eigentlich unseren Brüdern zu verdanken. Denn die waren Ende der 1920er-Jahre auf die Idee gekommen, regelmäßig ins Stadion zu gehen und da haben meine Schwester und ich es ihnen gleichgetan.

Damals, gerade mal eingeschult ...

Da waren wir noch zwei junge Mädchen und deutlich schneller unterwegs als jetzt am Samstag, wo uns die Mannschaft irgendwann überholen musste. Sonst hätte das Spiel ja nie begonnen.

Sie haben eine Tochter. Wie alt ist die?

Die wird in ein paar Tagen 70. Ja, mein Lieber, ich habe auch zwei Enkel und fünf Urenkel.

Respekt. Waren Frauen in britischen Fußballstadien in den 1930er-Jahren noch sehr ungewöhnlich?

Nee, nee. Da saßen schon immer Frauen auf den Rängen. Aber klar: Der Platz gehörte den Männern. Wir Mädchen haben Hockey gespielt oder Cricket. Pep Guardiola hat meine Schwester und mich sogar begrüßt, am Samstag. Den Pep kennen Sie doch aus München, oder? Ein fabelhafter Bursche. Nur schade, dass unsere Brüder das nicht mehr erlebt haben. Aber der Pep Guardiola hat unserem Club ausgesprochen gut getan. Er besitzt ein geschicktes Gespür dafür, nur die besten Spieler zu verpflichten ...

... die dann von den Scheichs aus Abu Dhabi bezahlt werden, denen Manchester City seit zehn Jahren gehört.

Na, solange es interessante Spieler sind. Aber es stimmt schon: Früher hatten wir nicht mal eine fest installierte Anzeigetafel. Da musste dann immer einer den Punktestand nach oben halten. Heute ist Geld das geringste Problem. Aber Spaß hat es auch früher gemacht.

Frau Halon, glauben Sie, dass Fußball zur Völkerverständigung beiträgt?

Sicher. Wissen Sie, meine Mutter ist einst aus Syrien nach Großbritannien ausgewandert. Und meine Schwester und ich haben den Zweiten Weltkrieg unmittelbar erlebt. Wir schätzen es also sehr, wenn Kämpfe sportlich auf dem Rasen ausgetragen werden. In der Welt ist ja schon genug Ärger.

Manchmal auch in Fußballstadien. Haben Sie als Dauerkartenbesitzerin nicht Angst vor Hooligans?

Ach was. Da hab' ich noch nichts Schlimmes erlebt. Die Zeiten, da sich die Fans von Manchester United und Manchester City bekriegt haben, sind vorüber.

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