Ein Anruf bei ...:... Jesus

Ein Anruf bei ...: Rückel auf Rücken: Der 24-jährige Rochus Rückel probt den "Einzug nach Jerusalem" auf dem Esel Sancho.

Rückel auf Rücken: Der 24-jährige Rochus Rückel probt den "Einzug nach Jerusalem" auf dem Esel Sancho.

(Foto: Birgit Gudjonsdottir)

Eigentlich sollte Rochus Rückel dieses Wochenende mit den Oberammergauer Passionsspielen Premiere feiern. Was macht der Jesus-Darsteller stattdessen?

Von Christiane Lutz

Was sind die Passionsspiele?

Das ist ein fast 400 Jahre altes Versprechen an Gott, das während des Dreißigjährigen Kriegs gemacht wurde. Die Oberammergauer habengebetet, dass Gott sie von der Pest erlöst. Das hat geklappt. Seitdem führen wir alle zehn Jahre die Geschichte von Jesus auf, als Theaterstück.

Da spielen normale Leute aus dem Dorf mit, keine echten Schauspieler. Wie stellt man es an, die Rolle von Jesus zu kriegen?

Zum Jesus wird man vom Spielleiter Christian Stückl bestimmt. Er kennt mich, da wir in den Jahren zwischen der Passion auch Theaterstücke aufführen. 2018 war ich "Wilhelm Tell", die Hauptrolle in einem Stück von Schiller. Und jetzt bin ich eben Jesus.

Waren Sie 2010 auch dabei?

Klar! Bei der Passion sind etwa 600 Kinder dabei. Man bekam weniger Hausaufgaben und traf seine Freunde im Theater. In der Kindergarderobe haben wir aus Kleiderbügeln Wurfgeschosse gebaut und Verstecken gespielt. Wenn dann Jesus aus der Garderobe kam, war es, wie wenn man beim Boxkampf steht und dein Held kommt zum großen Auftritt vorbei.

Mussten Sie sich als Jesus richtig ans Kreuz nageln lassen?

Natürlich gibt es einen Trick mit gebogenen Haken, man muss sich nicht drannageln lassen. Als die anderen das Kreuz zum ersten Mal aufgestellt haben, dachte ich: Ich spiele wirklich Jesus! Ich hänge da echt!

Was ist das Tollste an der Rolle?

Die Szene "Vertreibung der Händler" ist super. Jesus kommt in den Tempel, und es regt ihn furchtbar auf, dass Händler da ihre Schafe verkaufen wie auf einem Markt. Er haut dann richtig auf den Putz. Ich durfte auch auf einem Esel reiten, Sancho. Wie er dasteht, schaut und frisst, da wird man selbst entspannt. Nur an dem Tag, an dem wir erfahren haben, dass die Passion wegen Corona in Gefahr ist, war er sehr störrisch.

Waren Sie auch störrisch, als Sie hörten, die Passion fällt aus?

Ich war total traurig. Bis dahin hatte ich einen komplett durchgetakteten Tag. Und mit einem Schlag hatte ich frei. Ich kam mir sehr faul vor.

Und was machen Sie jetzt?

Meine Bachelorarbeit schreiben. Ich studiere nämlich Luft- und Raumfahrttechnik. Was danach passiert, entscheidet der Zukunfts-Rochus.

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