Eifersucht aufs Handy:Was hat das Ding, was ich nicht habe?

Smartphone

Omnipräsent und immer am Körper: Jeder vierte Deutsche ist eifersüchtig auf das Smartphone des Partners.

(Foto: dpa)

Smartphones als Beziehungskiller: Jeder vierte Deutsche ist inzwischen eifersüchtiger auf das Handy des Partners als auf einen möglichen Nebenbuhler. Sogar in Theaterstücken und Videos wird der Streit um das mobile Endgerät inzwischen aufgegriffen.

Von Violetta Simon

Eifersüchtig auf den attraktiven Kollegen oder die hübsche Nachbarin? Hektisches Durchwühlen der Partner-Jackentaschen nach kompromittierenden Fotos und Hotelrechnungen? Die Mühe sollte man sich sparen. Der wahre Risikofaktor für die Beziehung hängt am Ladekabel und besticht durch attraktives Display-Design: Wie eine Umfrage ergeben hat, fühlt sich inzwischen jeder vierte Deutsche vom Smartphone des Partners bedroht - und zwar stärker als von einem möglichen Nebenbuhler.

Wie viele Paare sich bereits wegen eines Smartphones getrennt haben, hat die Umfrage zwar nicht erfasst. Doch scheinen in erster Linie die unter 30-Jährigen zu befürchten, den anderen an das Handy zu verlieren. Knapp 40 Prozent der jungen Leute sind vor allem eifersüchtig auf die Zeit, die ihr Partner mit dem technischen Spielzeug verbringt.

Ganz unbegründet ist die Befürchtung nicht. Dass das mobile Telefon zum Beziehungskiller taugt, wurde bereits im Theaterstück "Der Gott des Gemetzels" von Yasmina Reza demonstriert - die Szene mit dem ehelichen Streit um das Handy ist berüchtigt: Weil Ehemann Alain ständig telefoniert, anstatt sich um die Probleme der Familie zu kümmern, versenkt Ehefrau Annette das Ding kurzerhand in einer Blumenvase und schreit: "Unser Leben wird zerhackt von diesem Handy!"

Wie einsam man sich aufgrund des mobilen Endgeräts fühlen kann, selbst wenn man nicht alleine ist, zeigt auch das YouTube-Video "I Forgot My Phone", das im Internet seit Ende August von knapp 30 Millionen Menschen angeschaut wurde: In einer Szene hält ein Mann im Bett seine Freundin im Arm - und spielt über ihre Schulter hinweg mit seinem Smartphone. In einer anderen stehen beide an einem romantischen Ort in der Natur, weit weg von allem. Doch der Mann bellt hektisch in sein Telefon, während ihr Blick genervt in die Ferne schweift. Der Clip demonstriert eindrücklich, wie das Handy nicht nur schöne Erlebnisse zerstört, sondern die Menschen voneinander isoliert.

Bei der Affenliebe zum Smartphone hört auch für Schauspieler Götz George der Spaß auf. Der 75-Jährige hält wenig von modernen Kommunikationsgewohnheiten: Die Menschen heute lebten in einer "gnadenlosen Zeit", die "immer schnelllebiger, unkünstlerischer" werde, beklagte George in einem Interview. Das größte Übel sei das Handy. Niemand schaue mehr in die Landschaft oder sehe anderen Menschen in die Augen.

Wer also seinen Partner ganz für sich haben möchte, sollte es wie der Schauspieler machen und sich mit dem anderen an einen Ort ohne Empfang zurückziehen. Zum Beispiel in ein Hüttchen irgendwo in der Pampa von Sardinien. Das sei das Bestmögliche, was ihm in seinem Leben passiert sei, sagte der öffentlichkeitsscheue Darsteller. Dort gebe es keinen Fernseher, das Telefon funktioniere meist nicht. "Man ist ganz bei sich. Da ist nichts mehr wichtig." Dann zähle nur noch die Liebe.

Und sollte es an dem einsamen Ort wider Erwarten doch Netz geben oder der Partner unbelehrbar sein, hilft nur noch: eine Vase. Tief genug.

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