"Warst du schon immer so dick oder ist das jetzt erst in der Schwangerschaft gekommen?" Fragen, die normalerweise die Höflichkeit verbietet, sind anscheinend kein Problem mehr, wenn sich in der Körpermitte der Adressatin eine Kugel wölbt. Andere Beispiele: "Kriegst du etwa Zwillinge?" oder "Nimmst du nicht ein bisschen schnell zu?" Gerne in Verbindung mit einem Klaps auf den Bauch.
Auf Twitter berichten gerade Frauen unter dem Hashtag #alsichschwangerwar von ihren Erlebnissen während der Schwangerschaft. Viele Tweets zitieren unfreundliche bis beleidigende Kommentare, meist betreffen sie das Aussehen. Auslöser für den Mütter-Aufschrei war der Text "Unguter Hoffnung" von Lara Fritzsche im SZ-Magazin über die Angst vieler Frauen vor der plötzlichen Gewichtszunahme. In den vergangenen Jahren gibt es immer mehr Schwangere, die mit der Veränderung ihres Körpers nicht zurecht kommen.
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Dass sich Frauen neun Monate lang viele unerbetene Ratschläge von anderen (Groß-)Müttern anhören müssen, ist ja noch nachzuvollziehen: Wer selbst erst einmal glücklich den Weg aus einer existenziellen Chaossituation heraus gefunden hat, kann nur schwer aushalten, dass andere dasselbe Problem ganz anders angehen. Doch die Sprüche unter #alsichschwangerwar gehen über übergriffige Tipps und dämliche Bauch-Witze hinaus. Sie zielen auch auf das offenbar verminderte Denkvermögen von Schwangeren ("Warum wird die denn in dem Zustand noch befördert?"), auf Unzurechnungsfähigkeit und albernes Verhalten.
Was ist schon normal?
Neben Schönheitswahn, Geringschätzung und Distanzlosigkeit geht es bei diesem Thema offenbar um mehr: Um die Definition, was während einer Schwangerschaft eigentlich "normal" ist. Dass man 25 Kilo zunimmt oder nur fünf? (Vernünftige Ärzte sagen: beides. Kommt auf die Frau an.) Dass man abartigen Heißhunger auf Sachen hat, die man vorher gar nicht mochte? Dass man sich hundeelend fühlt oder ausgeglichen wie nie oder beides abwechselnd?
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Der Drang, die Normalität zu definieren, geht über das Körperliche hinaus: Ist es normal, dass eine schwangere Frau weiter gerne zum Tanzen geht - oder dass sie nur noch auf dem Sofa hängt? Dass sie hautenge Tops trägt oder den Bauch unter weiten Blusen versteckt? Viel mehr Sex haben will als vorher oder gar keinen mehr? Es ist leider so: Ganz egal, wie sich eine Frau "in anderen Umständen" fühlt und verhält, sie wird immer jemanden finden, dessen Vorstellungen von Schwangerschaft das widerspricht. Und der ihr das im schlechtesten Fall auch mitteilt.
All diese Kommentare zeigen, wie schwer es vielen fällt, einen Zustand zu akzeptieren, bei dem der Begriff "normal" eine enorme Bandbreite umfasst. In dem die Hauptperson meist schon genug mit sich selbst und ihren widersprüchlichen Gefühlen zu tun hat, und dazu noch den Druck spürt, das am besten keinen merken zu lassen (und danach bitteschön eine "normale" Geburt hinzulegen, ohne Komplikationen, Schmerzmittel oder gar Kaiserschnitt).
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Wer den Eindruck macht, allzu weit von der allgemein akzeptierten Schwangerschaftsperformance abzuweichen, der darf mit verständnislosen Reaktionen rechnen. Ein bisschen dick, ein bisschen rührselig sein ist okay, aber ansonsten bitte weitgehend unverändert bleiben, das Kind ist schließlich noch nicht da.
Manche unerbetene Sprüche kann man sich als Schwangere noch schönreden: Man ist zumindest schon auf die Kommentare vorbereitet, die man zu hören bekommt, wenn das Baby endlich da ist. Denn wie man mit Kindern am besten fertig wird wissen ja auch diejenigen am besten, die selbst keine haben. Mit den anderen Sprüchen funktioniert das Schönreden nicht - sie sind einfach nur beleidigend.