Doppelte Aufgabe:Wie erzieht man eigentlich Zwillinge?

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Bei der Erziehung von Zwillingen ist es wichtig, dass Eltern regelmäßig Zeit auch mit nur einem der beiden Kinder verbringen. (Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn)

Geschichten von jungen Zwillingen gibt es zuhauf. Man denke nur an Hanni und Nanni. Doch was ist eigentlich mit deren Eltern? Auf sie warten ganz besondere Herausforderungen, sagt eine Coachin.

Direkt aus dem dpa-Newskanal: Dieser Text wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von der SZ-Redaktion nicht bearbeitet.

Hamburg (dpa/tmn) - Doppeltes Windelwechseln, doppeltes Trösten - und dann muss man sie auch noch erziehen. Eltern von Zwillingen haben ganz schön viel um die Ohren.

Coachin Ilka Poth ist selbst Teil eines Zwillingsgespanns und berät Eltern, die auf einen Schlag zwei Kinder bekommen haben. Im Gespräch erzählt sie, auf was Zwillingseltern bei der Erziehung besonders achten sollten - und warum gleiche Klamotten für Zwillinge nicht unbedingt niedlich sind.

Welche besonderen Herausforderungen kommen auf Zwillingseltern in der Erziehung zu, Frau Poth?

Ilka Poth: Die besondere Herausforderung bei Eltern von Zwillingen besteht für mich ganz klar in der besonderen Bindung und gemeinsamen Identität, die Zwillinge haben. Sie entsteht ja schon im Mutterleib und ist sehr prägend für das ganze Leben. Gleichzeitig muss sich die eigene Identität entwickeln und weiter festigen. Dafür ist eine stabile Mutter-Vater-Kind-Bindung wichtig. Und auch, dass man die Interessen jedes einzelnen Kindes fördert.

Es ist also wichtig, dass Zwillingseltern regelmäßig Zeit mit nur einem der beiden Kinder verbringen und herausfinden, was es denn gerne mag. Sonst ist es ja auch oft so, dass sich ein Zwilling hinter dem anderen ein wenig versteckt und vielleicht einfach das mitmacht, was der andere mag. Und damit kann das Kind sein individuelles Potenzial nicht voll entfalten.

Die Eltern sollten außerdem darauf achten, dass ihre Zwillinge jeweils eigene Freunde haben. Das heißt nicht, dass sie keine gemeinsamen Freunde haben dürfen. Gerade wenn sie noch klein sind, wird das ohnehin oft der Fall sein. Aber die Kinder sollten lernen, wie sie Kontakte knüpfen und auch mal getrennt etwas machen.

Das kostet Zeit, bedeutet manchmal Fahrerei und ist auch finanziell nicht immer leicht für Familien. Aber man kann ja Kompromisse finden, etwa indem man einen gemeinsamen Sportverein sucht, in dem ein Zwilling vielleicht Fußball und der andere Hockey spielen kann.

Würden Sie Eltern dann auch zu getrennten Schulklassen für die Zwillinge raten?

Ilka Poth: Das ist tatsächlich eine Frage, die mir Zwillingseltern oft stellen. Grundsätzlich ja, aber da gibt es keine einheitliche Antwort, weil es mehr um das Wie und Wann geht. Man muss sich die Zwillingsbeziehung genau anschauen und immer auch die Kinder und was sie möchten, in die Entscheidung einbeziehen. Dafür sollte man mit jedem Kind auch einzeln über das Thema sprechen.

Wenn die Kinder aber bei der Einschulung noch nicht soweit sind, dann sollte man vielleicht beim Übergang in die weiterführende Schule noch mal gucken. Prinzipiell bin ich immer dafür, dass man die Kinder in der Schule trennen sollte. Denn wenn ein Kind eher mal den Ton angibt, dann geht das andere in der Schule schnell unter und kann sich nicht entfalten.

Der eine Zwilling läuft vielleicht schon früher als der andere. Der eine hat eine 3 in Mathe, die Zwillingsschwester eine 1. Wie sollten Eltern auf die unterschiedliche Entwicklung ihrer Zwillinge reagieren?

Ilka Poth: Vergleiche sind überhaupt nicht sinnvoll. Dadurch spielt man Zwillinge auch gegeneinander aus und verstärkt den Wettbewerb, den wir als Zwillinge ohnehin schon haben.

Wir kämpfen ja immer um Anerkennung, wir müssen immer teilen. Selbst im Erwachsenenalter sind diese Vergleiche noch ein Thema und können einen Keil zwischen Zwillinge treiben. Zunächst lassen sie sich nicht ganz abstellen. Natürlich vergleichen Eltern ihre Kinder. Aber sie sollten die getroffenen Feststellungen eben nicht laut vor den Kindern aussprechen.

Kinder sollten das Gefühl bekommen: Du bist gut so, wie du bist. Und wenn ein Kind in der Entwicklung nachhängt, holt es das auch oft ganz schnell wieder auf. Also Ruhe bewahren.

Sinnvoll ist es auch, mit den Kindern über die Vergleiche zu sprechen, wenn sie alt genug sind. Schließlich kommen die ja auch von Verwandten oder sogar von Fremden auf der Straße. Da sollte man die Kinder unterstützen, positive Antworten zu formulieren, die sie auch Fremden sagen können.

Zwillinge gleich anzuziehen kann übrigens dazu führen, dass die Kinder von Außenstehenden noch stärker miteinander verglichen werden. Wenn die Kinder sich nicht selbst dieselbe Kleidung wünschen, sollte man auf gleiche Klamotten verzichten, auch wenn man das als Eltern niedlich findet.

ZUR PERSON: Ilka Poth ist Coachin und selbst Zwilling. Sie berät Zwillinge und Eltern von Zwillingen in unterschiedlichen Lebenssituationen.

© dpa-infocom, dpa:220905-99-641877/2

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