Die vegetarische Revolution:Salat ist Sex

Mit Peta gegen Pelz ist out: Umweltbewusste Stars wie Stella McCartney, Sienna Miller und Elle McPherson engagieren sich jetzt für die Ethik des Essens - und wollen die Welt so ein bisschen besser machen.

Maren Preiß

Er ist glitschig, glupschäugig, dazu noch eiskalt. Nichts, wovon eine Frau gern träumt. Und schon gar nichts, wofür sie ihre Hüllen fallen ließe, um ihn an ihre nackte Haut zu pressen. Die italienische Schauspielerin Greta Scacchi hat es trotzdem getan. Für eine Fotokampagne hat sie sich für einen toten Kabeljau entblößt. Zärtlich umarmt sie ihn, ganz so, als handle es sich nicht um einen leblosen Fisch, sondern um einen feurigen Liebhaber. Es ist alles in Ordnung mit Scacchi. Sie protestiert nur gegen die Überfischung der Meere.

Die vegetarische Revolution: Vegetarier vereinigt euch: Wer die Welt retten will, sollte sich mit Gartengewächsen anfreunden.

Vegetarier vereinigt euch: Wer die Welt retten will, sollte sich mit Gartengewächsen anfreunden.

(Foto: Foto: AFP)

Die Fotokampagne lief unlängst parallel zum Start des britischen Dokumentarfilms "The End of the Line". Der Film basiert auf einem Buch des britischen Journalisten Charles Clover und warnt vor den dramatischen Folgen der Überfischung. Werde die Fischereipolitik fortgeführt wie bisher, so die mahnende Botschaft, werde das Meer im Jahr 2048 leergefischt sein - mit unabsehbaren Folgen für die Ernährung der Weltbevölkerung.

Doch Greta Scacchi ist mit ihrem Engagement nicht allein. Die Ethik des Essens ist als Kampagnenthema unter Promis derzeit hoch angesagt. Mit Peta gegen Pelze, das war gestern. Jetzt sind die Stars auf das Thema Nachhaltigkeit bei der Ernährung gekommen. Denn während Scacchi öffentlichkeitswirksam mit Kabeljaus kuschelte, demonstrierte ihre britische Kollegin Sienna Miller kürzlich gemeinsam mit dem Topmodel Elle McPherson vor dem Londoner Edelrestaurant Nobu, um zu erwirken, dass der Chefkoch den bedrohten Blauflossen-Thunfisch von der Karte nimmt.

Und kein Geringerer als Großbritanniens Chefvegetarier Paul McCartney hat gemeinsam mit seinen Töchtern Stella und Mary eine Kampagne für fleischfreie Montage lanciert - mit tatkräftiger Unterstützung von Richard Branson, Brad Pitt, Cameron Diaz und Kate Bosworth. Die McCartneys und ihre Anhänger sind überzeugt: Wer wenigstens an einem Tag die Woche auf Fleischkonsum verzichtet, macht die Welt ein bisschen besser. Nach UN-Angaben ist die Fleischindustrie für 18 Prozent der weltweit ausgestoßenen Gasemissionen verantwortlich - das ist mehr, als alle Flugzeuge, Züge und Autos zusammen produzieren.

Was ist passiert, dass sich immer mehr Promis für die Ethik des Essens engagieren? "Das Thema Nachhaltigkeit ist auf allen Ebenen angekommen", sagt Christian Wenger vom Heidelberger Trendforschungsinstitut GIM argo. Dass sich dafür immer mehr Prominente vor den Karren spannen lassen, wundert den Soziologen nicht. "In Promikreisen gehört es mittlerweile zum guten Ton, etwas für die Nachhaltigkeit zu tun."

Gut möglich, dass ihnen dazu auch der eine oder andere Imageberater geraten hat. Der Verdacht liegt besonders bei Leuten wie Sienna Miller nahe, die anders als Paul McCartney an Umweltthemen bisher so viel Interesse zeigte wie McCartney an einer Bockwurst. "Das Engagement verspricht ein positives Image. Man kommt schnell in die Presse", sagt Wenger.

Nur nach Deutschland will die prominent umworbene Nachhaltigkeitswelle nicht so recht überschwappen. Heidi Klum macht unbeirrt Werbung für Fleischwraps und Fleischbrötchen von McDonald's. "Gutes tun und darüber zu reden, das ist nicht Sache der Deutschen", sagt der Soziologe Christian Wenger. "Sie sind viel skeptischer." Zudem reagieren hierzulande viele noch immer empfindlich auf die moralisch erhobenen Zeigefinger der Tier- und Umweltschützer. Wer will sich schon von einem Promi vorschreiben lassen, wann er auf Fleisch zu verzichten habe?

Dabei hat sich das Nervensägen-Image der Tier- und Umweltschützer längst zum Positiven gewendet. "Öko bedeutet nicht mehr Askese, sondern Ästhetik und Sex", sagt Wenger. Darauf reagieren nun auch die Werber der Tierschutzorganisation Peta. Die jüngste Kampagne zielt nicht mehr auf das abgehobene und leider auch schon abgegriffene Thema Pelz, sondern auf vegetarische Ernährung. Als Model posiert die Enkelin von Che Guevara, Lydia. Bekleidet nur mit einem Barett und einem aus Möhren bestehenden Patronengürtel. Der Slogan zur Kampagne lautet: "Join the vegetarian revolution."

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