Diana-Mythos:Zicke, Übermutter oder Stilikone?

Zu Dianas 10. Todestag überschwemmt eine Flut von Büchern den Markt - jeder Autor bastelt sich dabei seinen ganz eigenen Mythos. Die vielen Seiten der Princess of Wales.

Claudia Fromme

Man muss ehrlich sein. Englands Rose ist über die Jahre verblasst. Je weiter sich das Leben vom 31. August 1997 entfernt, desto diffuser wird Dianas öffentliches Bild. Wie eine paper doll, der man nach Gusto Kleider anstecken kann, werkeln Royalisten, Butler und andere Vertraute am eigenen Diana-Mythos.

lady di als baby doll

Darf es mondän sein oder eher bieder? Baby Doll Diana macht's möglich. Jeder kann sich mit solch einem Bastelbogen seine Wunschprinzessin erschaffen.

(Foto: Foto: oh)

Die fünf verkaufsträchtigsten Typen:

Die Zicke: Kaum ist man zehn Jahr tot, schon fällt einem die beste Freundin in den Rücken: Tina Brown. Sie sollen sich sehr nah gewesen sein - sagt jedenfalls die Ex-Chefin von Vanity Fair und New Yorker. Ein wenig "teuflisch" sei Di gewesen. Sie habe, schreibt Brown in "Diana - die Biographie", Charles ihrer Schwester ausgespannt und soll sieben Affären zu Ehezeiten gehabt haben. Sie sei ausgerastet, wenn Paparazzi sie ignoriert hätten, habe ihnen Treffen mit Liebhabern gesteckt. Aber gerade die Mischung aus Zickigkeit und Verletzlichkeit mache sie so sexy. Der einstige US-Außenminister Colin Powell sagte einmal über Diana: "Sie macht mich nervöser als viele militärische Gegner."

Die Übermutter: Hier geht nichts ohne Weichzeichner. Judy Wade ("Diana: The Intimate Portrait") weiß von der liebevollen Geduld Dianas mit ihren Söhnen zu berichten. Schreibt, dass sie nicht nur in Versace eine formidable Figur gemacht habe, sondern auch mit dem Feudel: Die Princess of Wales habe höchstselbst ihr Bad im Kensington Palace geputzt. Helmut-Maria Glogger ("Diana - Eine Frau sucht ihr Leben") skizziert sie als Royal, der vor der Kälte des Hofes in die Bulimie floh und dennoch so vielen Menschenkindern Kraft gab. Künstler Mem Mehmet perfektioniert den Weichzeichner: Er präsentiert in "Diana in Art" Gemälde der Prinzessin in Air-Brush-Technik, wie sie jeder Motorhaube gut zu Gesicht stünden.

Das Komplottopfer: Eine Prinzessin der Herzen stirbt nicht bei einem Unfall, genauso wenig wie der Erbprinz eines Kaufhausmagnaten. Da steckt mehr dahinter, also: die CIA. Sagt Mohamed Al-Fayed, Vater von Di's Lover Dodi. Deuten auch an: Francis Gillery ("Lady Died") und David Cohen ("Tod einer Göttin). Die Theorie: Weil das Königshaus eine Verbindung Dianas mit einem Moslem nicht wünscht, lanciert es den Unfall mittels einer Lichtkanone, die Fahrer Henry Paul blendet. Crash. Die Mordthese inspiriert auch hochdekorierte Literaten. Etwa Eoin McNamee, der im Roman "12:23" (die Unfallzeit) südafrikanische Waffenhändler den Unfall inszenieren lässt, um Dianas Einsatz gegen Landminen zu rächen.

Die Intellektuelle: Dianas ergebener Butler Paul Burrell huldigt seiner weisen Chefin. Sah die sich eher als "thick as plank" ("dumm wie Bohnenstroh"), stilisiert Burrell sie in "Die Zeit mit ihr" zur Philosophin, die ihn "viel über das Leben gelehrt" habe. Die Belege für die Weisheit einer Frau, die an den O-Levels scheiterte, fallen eher mau aus. Ihre Gabe der "introspektiven Analyse" manifestiert sich für Burrell an "stundenlangen Telefonaten". Sie sei Friedensstifterin, da sie alle Religionen umarme - "egal, ob Church of England, Römisch-Katholisch, Muslimisch oder Hindu". Stimmt: Diana hat sich intensiv um alle Religionen gekümmert. Um Charles (Church of England), Hasnat Khan (Hindu), Dodi al-Fayed (Muslim).

Die Stilikone: In den 80er und 90er Jahren war Diana die meistfotografierte Frau der Welt. Zur Modeikone wurde sie aber erst wenige Monate vor ihrem Tod mit den Fotos von Mario Testino, auf denen sie in engelsgleicher Garderobe posierte. Zwar war Di modisches Vorbild, die Zeit aber legt sich in Betrachtungen wie denen des britischen Modepapstes Colin McDowell ("dianastyle") und Beatrice Behlen ("Diana - fashion & style") wie ein Hamilton-Schleier über den Kleiderschrank der frühen Diana. Blusen mit Puffärmeln? Spencer-Jackets? Davon ist hier keine Rede mehr. Lieber von Versace und Blahnik. Die Zeit heilt viele Modesünden.

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