Diät-Buch für Kinder:Durch dick und dünn

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Nachdem sie ihren "großen Hintern" losgeworden ist, erreicht die pummelige Maggie alles, was sie sich wünscht: Das Kinderbuch "Maggie Goes on a Diet" sorgt seit Monaten für Furore in den USA. Sein Einfluss auf Heranwachsende sei katastrophal, warnen Kritiker.

Eva-Maria Geilersdorfer

Die kleine, mollige Maggie blickt in den Spiegel, sie hält sich ein viel zu kleines rosa Kleid an ihren Körper, und doch lächelt sie tapfer, zeigt das Spiegelbild doch eine andere, in ihren Augen schönere Version ihrer selbst: eine dünne Maggie, passend für das rosa Kleidchen. Es zeigt Maggies größten Wunsch: endlich schlank sein. Und so geht Maggie auf Diät - zumindest ist das der Titel ihrer Geschichte, deren Heldin sie ist: Maggie Goes on a Diet, ein Kinderbuch, das in den USA seit Monaten Furore macht.

"Maggie goes on a diet": Das Diät-Buch für Kinder empört Kritiker. (Foto: N/A)

14 Jahre alt soll Maggie sein, mit ihren roten Pippi-Langstrumpf-Zöpfen und dem Stupsnäschen wirkt sie aber höchstens wie eine Zehnjährige - und entspricht damit der von Autor Paul M. Kramer empfohlenen Altersgruppe von sechs bis zwölf Jahren. Es dürften wohl aber vor allem ihr kindliches Aussehen und die daran angepasste Aufmachung des Bilderbuchs mit 48 Seiten gewesen sein, weshalb der Versandhandel Amazon.com Maggie Goes on a Diet bereits für Kinder ab vier Jahren empfiehlt, und damit noch vor der eigentlichen Veröffentlichung eine Welle von internationalem Protest auslöste.

Bereits im Vorfeld wurde Maggie Goes on a Diet nicht nur in zahlreichen Foren, Blogs und auf Twitter als "Diätbuch für Vierjährige" scharf kritisiert. Besorgte Eltern und Gesundheitsexperten traten in Fernsehsendungen auf, riefen auf Facebook sogar zum Boykott auf, um junge Leser vor Essstörungen und anderen Folgen zu bewahren, die das Buch nach Ansicht von Kritikern mit sich bringt: "Maggie verliert Gewicht, und plötzlich ist sie ein Star", schreibt jemand auf der Facebook-Seite "Boycott Maggie goes on a diet". Und tatsächlich scheint das die zentrale Aussage zu sein: Die pummelige Maggie erreicht alles, was sie sich wünscht, nachdem sie ihren "großen Hintern" losgeworden ist: Sie avanciert zum Fußballstar, findet endlich Freunde, ist nicht mehr "ängstlich und deprimiert", schreibt endlich gute Noten und auch bei den Jungs, die sie täglich hänselten, wird sie immer beliebter.

Autor Kramer, der auf Hawaii lebt und das Buch im Eigenverlag Aloha Publishers herausgibt, verteidigt sich: "Viele störten sich an dem Wort Diät, mein Ziel war es aber nie, Sechsjährige zu einer Diät zu ermutigen. Ich wollte sie nur ermahnen, gesünder zu essen", sagt er. Tatsächlich isst Maggie "nach wie vor eine Menge", wie es im Buch heißt, nur anders: Durch gesunde Lebensmittel wie Joghurt, Früchte und Gemüse und nahezu tägliche Fitness verliert sie in zehn Monaten 25 Kilo. Auch wenn der Ansatz - gesunde Ernährung und Sport machen Kinder gesünder - ein richtiger sei, sei der pädagogische Effekt des Buches "katastrophal", findet Susanne Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam (DIfE): "Normalgewichtige Kinder, die das Buch lesen, werden sich in ihren Vorurteilen Dicken gegenüber bestätigt fühlen, übergewichtige Kinder nur extrem frustriert sein, weil sie es natürlich nicht schaffen werden, so ganz auf die Schnelle dünn und damit beliebt zu werden."

Auf die Kritik am Cover hat Kramer reagiert: Ende Februar erscheint bereits eine veränderte Auflage, in der Maggie nicht mehr auf Diät gehen, sondern sich gesünder ernähren wird: Maggie Eats Healthier lautet der Titel. Der Inhalt bleibt gleich.

© SZ vom 19.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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