Der Mann und sein Image:Auf uns, Männer!

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Der weichgespülte Metrosexuelle hat ausgedient, echte Kerle sind wieder gefragt - behauptet zumindest die Werbung.

Marc Felix Serrao

Seit vielen Jahren schon wird er bemitleidet: der moderne Mann. "Jungen in der Krise", "Kerle in der Krise", "Die Krise der Männlichkeit in der unerwachsenen Gesellschaft" oder schlicht "Rambo-Frauen" - die Literatur über seine Leiden und deren Ursache ist längst unübersichtlich geworden. In seiner Not probierte der Mann vieles aus, zuletzt sogar eine neue sexuelle Identität, die es ihm erlauben sollte, seine weiche, weibliche Seite auszuleben: "The Metrosexual Guide to Style" (Der metrosexuelle Stilführer) heißt ein Ratgeber, der in den USA von vielen Männern gekauft wurde.

Selbst der ewige Macho und Dauerqualmer Mickey Rourke feiert als Wrestler-Darsteller ein Comeback und behauptet sich damit gegen Blaubeerkuchen backende Sensibelchen wie Jude Law. (Foto: Foto: Reuters)

Im Kapitel "Körperpflege" empfiehlt der Autor, Michael Flocker, unter anderem eine tägliche Behandlung der sensiblen Augenpartie, dazu Vitamin-A-reiches Essen und eine Creme, die "von Supermodels und Filmstars verwendet wird". Den alten Typ Mann, der nie Kohlenhydrate zählen oder sich die Beine rasieren würde, verabschiedet Flocker schon im Vorwort - mit einem Zitat von Arnold Schwarzenegger: "Ich bin die größte Schuh-Königin."

Doch nun, ganz unerwartet, ist er wieder da, der harte, quasi retrosexuelle Mann. Und zwar dort, wo man ihm kaum ausweichen kann: in der Werbung. Das jüngste Projekt ist die "Mancademy" einer großen Fastfoodfirma; eine Kombination der Wörter "Mann" und "Anstalt", welche die pathologische Ausgangslage nicht aus dem Blick lässt. "Er hat verlernt, wo sein Platz in der Gesellschaft ist", heißt es auf der Internetseite der Kampagne über den Mann.

"Kein Wunder, angesichts der Tatsache, dass man in Schulen heutzutage nur noch Männer antrifft, wenn man den Feueralarm einschlägt." Der erste Clip, der seit kurzem im deutschen Fernsehen läuft, zeigt Männer in Turnleibchen, die beim Versuch, Gurkengläser zu öffnen und Glühbirnen zu wechseln, kläglich scheitern.

Besorg dir ein paar Hoden!

Die Machart erinnert stark an eine Kampagne für einen bekannten Schokoriegel, die kürzlich in England anlief: "Get some Nuts" (Besorg dir ein paar Nüsse - umgangssprachlich für Hoden) war dort die Botschaft. In verschiedenen Werbeclips sieht man Mr.T, den muskulösen Goldkettenträger aus der Fernsehserie "A-Team", bei der Jagd nach vermeintlich femininen Männern.

Einmal beschießt er einen sogenannten Speedwalker mit Schokolade ("Du bist eine Schande für die Männerrasse! Es ist Zeit, wie ein richtiger Mann zu rennen!"). Ein andermal bedroht er einen Fußballer, der sich nach einer Schwalbe am Boden windet ("Weichei!"). Nach Protesten amerikanischer Schwulenverbände gegen die vermeintliche Homophobie der Werbung nahm das Unternehmen den Speedwalker-Film aus dem Programm.

In Deutschland setzen vor allem Brauereien wieder auf traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit. Ein aktueller Bierwerbespot zeigt eine Frau, die einen Gemüsespieß auf den Grill legen will. Die Männer um sie herum knurren wie wilde Tiere, dann knallt einer ein kiloschweres Stück Fleisch auf den Rost. "Auf uns, Männer", sagt die Stimme aus dem Off.

Über die Gründe für die Renaissance solcher Stereotype kann man spekulieren. Vielleicht glauben die Werber, dass Männer wieder Dinge kaufen wollen, die an ihre tierische Seite appellieren. Wer sich fragt, was eine Bier- und Burgerwampe so männlich macht, findet in Flockers Buch die Antwort: "Ohne Zweifel ist das ideale Körperbild des neuen, metrosexuellen Mannes des 21. Jahrhunderts natürlich, schlank und gepflegt."

© SZ vom 12.09.2008/vs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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